Ist die Uni noch zu retten?: Bachelor gut, Umsetzung mies
Die Studienreform sei unkoordiniert, unterfinanziert und chaotisch umgesetzt worden, sind sich die Bildungsjournalisten im „Presseclub“ auf dem tazlabor einig.
„Ist die Uni noch zu retten?“, fragt sich die Elite der deutschen Bildungsjournalisten im tazlab „Presseclub“. Doch schon bei der Diagnose sind sich Zeit-Bildungskorrespondent Martin Spiewak, Anja Kühne vom Tagesspiegel und Deutschlandfunk-Bildungsreporterin Jacqueline Boysen nicht einig. Steht es wirklich so schlimm um die Hochschulen wie immer zu hören ist?
Spiewak beklagt einerseits, dass in der Lehre nach wie vor Geld fehle, schwärmt andererseits aber von den vielen tollen Universitäten und deren modernen Gebäuden, die er auf seinen Reisen durch das Land sehen konnte – vor allem im Osten. „Die Uni Greifswald ist ungleich moderner als die Uni Freiburg“, pflichtet Boysen bei.
Kühne spricht dagegen von einer „dramatischen Unterfinanzierung“ der Universitäten. „Es fehlen allein 20 bis 30 Milliarden, um die ganzen 70er-Jahre-Bauten herzurichten“, sagt sie.
Weitgehend einig sind sich die drei Bildungsjournalisten bei ihrer Einschätzung der Einführung von Bachelor und Master. Eine Reform des Studiums sei überfällig gewesen – doch die Umsetzung, so ihr Fazit, sei gründlich versemmelt worden.
Zeit-Redakteur Spiewak hält die Bologna-Reform für eine „unkoordinierte, unterfinanzierte, chaotische Reform von oben“. Doch nach dem früheren System sehnt er sich trotzdem nicht zurück. „Ich habe meine erste Prüfung im zehnten Semester gemacht“, sagte er. „Das war eine Katastrophe.“ Die Studienreform sei „unbedingt notwendig“ gewesen.
Anja Kühne vom Tagesspiegel hält es für es einen großen Fortschritt, dass sich die Universitäten wegen der Umstellung auf Bachelor und Master gezwungen waren, grundsätzlich zu reflektieren: Was wollen wir den Studenten anbieten? Wie strukturieren wir die Studiengänge? Was ist unser Programm?
Doch bei der Umsetzung der Reform hätten vor allem die Professoren vieles versäumt. So müssten sich die Studenten oft stur Faktenwissen reinpauken, die Vorlesungen seien nach wie vor oft linear und die Seminare eine uninspirierte Aneinanderreihung von Referaten. Das sei „didaktische Steinzeit“, sagt Kühne. „So etwas würde man doch aus der Schule jagen.“
Jacqueline Boysen vom Deutschlandfunk beklagt ebenfalls eine „vielfach starre Haltung“ unter den Professoren. „Wir haben Lehrstuhlinhaber aus den 70er-Jahren, die auf den Wissenschaftsbetrieb blockierend wirken“, sagt sie.
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