■ Nachschlag: Israels populärste Entertainerin Chava Alberstein im Hebbel-Theater
Auftritt einer Bekannten: Chava Alberstein ist in ihrer israelischen Heimat die bekannteste und populärste Sängerin, hat ein Kinderbuch verfaßt und ist Gastgeberin einer Talkshow. Selbst Barbra Streisand, deren Worte sonst schweres Gewicht haben bei den Mittvierzigern zwischen Tel Aviv und Haifa, kommt an sie nicht heran. Samstag gastierte die Israelin im Hebbel-Theater. Die Programmgestalter der Jüdischen Kulturtage wollten sie unbedingt dabeihaben: Sie bedient die Gemüter, denen der Sinn nach Frieden und Eintracht steht. Also ein „Solo für Chava“. Ohne Begleitung, nur mit ihrer Gitarre steht sie auf der Bühne. Hin und wieder nimmt sie einen Schluck Mineralwasser. Ihre kleinen Moderationen spricht sie zunächst auf hebräisch, später nur auf englisch: So wurde sie wohl von allen verstanden. Sie kann singen, was sie will – das Publikum applaudierte ihr wie einer alten Freundin, die mal wieder vorbeischaut, um nach dem Rechten zu sehen.
Es war beileibe nie Avantgarde, die sie verkörpert. Chava Alberstein singt Schlager, und das mit schöner, dunkler Stimme. Ihre Lieder handeln von jenen Sorgen, die ihren Landsleuten am meisten ans Herz gehen: vom Krieg, vom Frieden und den Kindern, denen soviel Gewalt angetan wird. Klischees? Sie wirken keineswegs so. Alberstein kann es gut mit Kolleginnen wie der Französin Edith Piaf, der Finnin Arja Saijonmaa oder der Niederländerin Corry Brokken aufnehmen, mit deren Materialien sowieso. Es ist keine schwerverdauliche Ware, die sie interpretiert: hebräische Texte, jiddische auch. Anrührend ihr Vortrag, aber nie süßlich. Eine wunderbare Stimme. Sie kann wispern und schreien zugleich. Und sie will, daß mitgesungen wird bei ihren Balladen und Schlafliedern – die Menschen im Theater folgen ihr, mitsummend, gelegentlich auch textsicher. Es ist nichts Falsches in dem, was sie tut, nichts, was den Verdacht aufkommen lassen könnte, sie täte es nur, weil es ihr Beruf ist. Chava Alberstein bereitete uns einen schönen, irgendwie auch feierlichen Abend, der Gott sei Dank im kleinen Rahmen zelebriert wurde. Das Hebbel-Theater – ein Wohnzimmer. „Nächstes Jahr in Jerusalem“, sagt sie am Schluß. Jan Feddersen
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