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■ Israels Mininisterpräsident legt sich mit seiner Partei anWiderwillige Tabuverletzung

Benjamin Netanjahu hat ein Machtwort gesprochen. Wer sich meiner Friedenspolitik widersetzt, hat Israels Ministerpräsident seinem Kabinett ins Stammbuch geschrieben, wird entlassen. Das klingt machtvoll und überzeugend. Doch starke Worte sind eine Sache, entschlossene Taten eine andere.

Des Regierungschefs Dilemma besteht darin, daß er seiner eigenen politischen Genesis nach gar keine andere Politik als seine innerparteilichen Widersacher verfolgen möchte. Doch er kann nicht, wie er möchte. Das liegt weniger am Friedensabkommen mit der PLO, als vielmehr an der Haltung der US-Regierung. Netanjahu hat gleichwohl – unter dem Druck Clintons – seinen eigenen Rubikon überschritten und Jassir Arafat die Hand geschüttelt. Damit hat er sich außerhalb des Konsenses der Bulldozerfraktion in seiner Partei gestellt. Die hat ob dieser Tabuverletzung laut aufgeschrien und den Ministerpräsident prompt zum Säbelrasseln veranlaßt.

Die USA haben Netanjahus politische Sollbruchstelle eiskalt offengelegt und ihm einen internen Machtkampf aufgezwungen, den er jetzt erst gewinnen muß – und zwar gegen seine eigene Überzeugung und gegen Politiker vom Schlage eines Ariel Scharon oder eines Benjamin Begin. Netanjahu will das Abkommen mit der PLO torpedieren, doch er kann aus außenpolitischen Gründen den Weg Scharons oder Begins nicht gehen.

Sein Taktieren wird den Friedensprozeß lähmen und die israelische Friedenspolitik einem beständigen Machtkampf aussetzen. Im Namen der Staatsräson wird er diesen Machtkampf gewinnen. Den Preis dafür allerdings werden die Palästinenser zahlen müssen – in Form von neuen Siedlungen, beschränkter Bewegungsfreiheit und politischer Machtlosigkeit.

Die Vision eines prosperierenden Commonwealth eines Simon Peres ist jedenfalls erst einmal passé. Doch für Netanjahu könnte sich dies als ein Pyrrhussieg erweisen – und das nicht erst bei den nächsten Parlamentswahlen in Israel. Wenn der innerisraelische Machtpoker den Palästinensern nur noch das Gefühl geben kann, daß sie nichts mehr zu verlieren haben, werden sie reagieren. Und das mit Arafat oder gegen ihn. Georg Baltissen

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