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Israelischer GesetzesentwurfHaftstrafen für Nazivergleiche

NS-Symbole und -Schmähungen sind in Israel ein häufiger Bestandteil des politischen Diskurses. Ein neues Gesetz sieht dafür hohe Bußgelder vor – oder Gefängnis.

Protest mit Judenstern: Ultraorthodoxe demonstrieren in Israel gegen die „Verfolgung durch die nichtreligiöse Mehrheit“. Bild: dpa

JERUSALEM afp | Ein neues Gesetz, das die unangemessene Verwendung der Bezeichnung „Nazi“ oder von Nazi-Symbolen unter harte Strafen stellt, wird am Mittwoch in erster Lesung im israelischen Parlament debattiert. Wie israelische Medien berichten, sieht der Entwurf bis zu sechs Monate Gefängnis oder ein Bußgeld von umgerechnet 20.000 Euro vor, wenn politische Gegner als „Nazis“ geschmäht werden oder Symbole wie Hakenkreuze, gestreifte KZ-Gefangenenkleidung und der gelbe Davidstern als Protestmittel genutzt werden.

Die Gesetzesinitiative geht vom Abgeordneten Schimon Ohajon von Unser Haus Israel aus, der dem Knesset-Ausschuss gegen Antisemitismus vorsitzt. Unterstützt wird er von Abgeordneten der beiden liberalen Regierungsparteien Hatnuah und Es Gibt Zukunft.

Zu Beginn der Woche fand der Entwurf bereits eine Mehrheit im Kabinettsgremium für die Gesetzgebung. „Die unerträgliche Art, in der diese Terminologie und Symbolik im öffentlichen politischen Streit alltäglich genutzt werden, verletzt die Gefühle der Holocaust-Überlebenden und ihrer Nachkommen“, heißt es in der Präambel.

Vor allem israelische Ultraorthodoxe oder Rechtsextremisten unter den Siedlern nutzen Nazischmähungen und Symbole des Nationalsozialismus häufig bei Demonstrationen als Mittel der Provokation. Aber auch im politischen Parteienstreit gehören verletzende Nazi-Vergleiche in Israel zum Standardvokabular.

Gegenargument Meinungsfreiheit

Während die Befürworter des neuen Gesetzes vor der Verharmlosung und Relativierung der NS-Verbrechen warnen, sehen Kritiker die Meinungs- und Redefreiheit in Gefahr. So heißt es im zentralen Leitartikel der linksliberalen Tageszeitung Haaretz vom Dienstag: „So ungerechtfertigt und widerlich diese Rhetorik in vielen Fällen auch ist, muss insbesondere in Israel die Kritik von Taten und Meinungen zulässig sein, die an diejenigen der Nazis erinnern.“

Wer sich persönlich beleidigt fühle, könne sich schon heute zivilrechtlich verteidigen, schreibt die Zeitung. Im Gesetzentwurf wird klargestellt, dass die Verwendung der NS-Begriffe und -Symbole „zu Zwecken der Bildung, der Dokumentation, der geschichtlichen Darstellung und wissenschaftlichen Forschung“ nicht strafbar sind.

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9 Kommentare

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  • der witz an der geschichte: mit diesem gesetz bringt sich das halbe kabinett selbst in den knast.

  • gute entscheidung. wäre auch gut, wenn die ganzen "israelkritiker" in deutschland zu verantwortung gezogen würden, die "israel= nazi deutschland", "gaza= auchwitz" und "palästinenser=juden von heute" als denkmuster haben.

  • HR
    Human Rights

    Hier ein paar Fakten aus dem Amnesty Report 2013:

     

    Israel und besetzte Gebiete:

    http://www.amnesty.de/jahresbericht/2013/israel-und-besetzte-palaestinensische-gebiete?destination=node%2F2939

     

    Palästinensische Autonomiegebiete

    http://www.amnesty.de/laenderbericht/palaestinensische-autonomiegebiete

    • @Human Rights:

      "Im Gazastreifen ergingen mindestens fünf Todesurteile, sechs Menschen wurden hingerichtet."

       

      Jau, man weiß es also nicht so genau, aber exekutiert wird trotzdem. Wo hatten wir das zuletzt? Unter dem Stalinismus und während der französischen Revolution (um nur zwei Beispiele zu nennen). Ach ja, und bei den Nazis!

      • HR
        Human Rights
        @Senckbley:

        Die Situation in den von der Hamas kontrollierten Gebieten ist nicht besser:

         

        http://www.amnesty.de/jahresbericht/2013/palaestinensische-gebiete?destination=node%2F2994

         

        Die Menschenrechtssituation ist nicht nur in Israel schlecht, sondern in allen Staaten in der Region dort.

        Nur einseitig über Israel zu urteilen, wäre daher zu einfach und verkennt das politische Desaster hinsichtlich Menschenrechte in der gesamten Region Vorderasien.

  • EC
    El Clásico

    hallo Taz.Mich würde intressieren welche Meinung Ihr zu den ganzen antizionistischen (und somit auch der Verleugnung des einzigen Schutzraumes für die von den Deutschen fast in die Vernichtung getriebenen Juden) Kommentaren habt.Also hier bei uns im Haus sorgen diese immer wieder für Entsetzen und Ekel und wir haben dies nicht zum letzten Mal angemerkt.Schämt Ihr euch nicht für so viel "Deutsch"? An alle die nun auf den Kommentar losgehen: Glaubt mir, wenn Ihr aus der Anonymität des Internets kommen würdet hättet Ihr nich so ne große Klappe!

    • @El Clásico:

      na wie find ich das denn? ein anonymus schmäht die anonymität des internet?

      wie wär's, wenn er das unter seinem bürgerlichen namen täte?

      dann hätte ich lust, mich mit ihm über antizionismus zu unterhalten.

  • D
    D.J.

    @Otto1,

     

    der Rassismusvorwurf ist trotz infaltionärer Verwendung durch den schlicht-dogmatischen Teil der Linken noch immer ein schwerer. Deshalb wäre ich dankbar, wenn Sie Ihre Vorwürfe konkretisieren könnten.

  • O
    otto1

    hallo Taz.Mich würde intressieren welche Meinung Ihr zu dem rassistischen Pro-Israel Flyer den Ihr eurer Printausgabe beigelegt habt.Also hier bei uns im Haus sorgte es für Entsetzen und wir haben Eure Printausgabe erstmal das letzte Mal gekauft.Schämt Ihr euch nicht?