piwik no script img

IsraelTrojanisches Pferd auf der Likud-Liste

Der radikale Siedler Mosche Feiglin steht auf der Likud-Liste für die Parlamentswahlen, kocht aber sein eigenes Süppchen. Er gründete die nationalistische "Jüdische Führung".

Der "verläßliche Anführer": Homepage der "Jüdischen Führung" Bild: Screenshot

Bis jetzt läuft für Mosche Feiglin alles nach Plan. Statt selbst eine Partei zu gründen oder sich einer Bewegung anzuschließen, die der eigenen Ideologie näher steht, setzt er auf den Likud, eine Partei, die er vermutlich selbst nie gewählt hat. "Der Plan ist, drei bis vier Sitze in der Knesset zu erreichen und von dort aus weiterzuarbeiten", erklärte er unverblümt im Interview. Als neue Nummer 2 der Likud-Liste dürfte zumindest ihm der Einzug ins Parlament gelingen.

Der drahtige Mittvierziger, der sich mit allmorgendlichen Radtouren über die Hügel Samarias fit hält, machte erstmals Anfang der 1990er-Jahre von sich reden. Zusammen mit dem Extremisten Schmuel Sackett, einem engen Freund des berüchtigten Rabbi Meir Kahane, gründete er "So Artzeinu" ("Das ist unser Land"), um gegen die 1993 unterzeichneten Osloer Prinzipienvereinbarungen zu protestieren. Binnen kurzem gelang es den beiden, bis zu 100.000 Demonstranten zu rekrutieren, die mit Straßenblockaden und brennenden Reifen den stufenweisen Autonomieplan für die Palästinenser und territoriale Zugeständnisse Israels zu verhindern suchten.

Mitte der 90er musste Feiglin wegen zivilen Ungehorsams sechs Monate in Haft. Offiziell verpflichtete er sich zur Gewaltlosigkeit, wobei er mit radikalen Zielen wie den Transfer der arabisch-israelischen Bevölkerung den Boden für Gewaltakte ebnete. Anfang 2003 wurden drei Studenten aus der Siedlung Bat Ain zu Haftstrafen verurteilt, nachdem sie versuchten, eine palästinensische Mädchenschule zu sprengen.

Die Manhigut Jehudit (Jüdische Führung), die Feiglin nach seiner Haft gründete, hat das Ziel, "den Staat Israel mit Hilfe authentischer jüdischer Werte zu führen". Dazu müsse zuerst der Lehrplan an den Schulen geändert und täglich "eine Stunde Jüdisches gelehrt" werden. Den arabischen Staatsbürgern solle "unbedingte Treue gegenüber dem Staat" abverlangt werden, während zugleich die "Emigration von Nichtjuden, die die Souveränität des jüdischen Volkes in unserem Land nicht akzeptieren", gefördert werden müsse. Mit "unser Land" ist das biblische Israel gemeint, das die Palästinensergebiete einschließt.

Mit derart radikalen Forderungen geht Feiglin sogar einigen Parteifreunden zu weit. "Sie sind nicht Fleisch von unserem Fleisch, nicht Blut von unserem Blut", drückte Ex-Erziehungsministerin Limor Livnat ihre Haltung über Feiglins Gruppe aus. Die Nummer 2 auf der Liste bleibt bei solchen Attacken nichts schuldig. Er spüre einen "gewissen Antisemitismus", konterte der fünffache Vater: "Meine Kampagne spricht in Wahrheit aus, was die große Mehrheit der Likud-Mitglieder denkt."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!