Israel und die Revolte in Ägypten: Die Angst vor den Islamisten
Israels Regierung fürchtet den Sturz von Ägyptens Präsident Mubarak. Die Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah schweigen lieber.
JERUSALEM taz | Israels Botschafter sind angehalten, in ihren Gaststaaten die Stabilität Ägyptens zu propagieren. Zwar hielt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Wochenende seine Minister dazu an, die Entwicklungen im Nachbarstaat nicht zu kommentieren. Hinter den Kulissen wird jedoch dem Regime von Ägyptens Präsident Husni Mubarak der Rücken gestärkt. Auch die palästinensische Führung im Westjordanland unterbindet vorerst Solidaritätskundgebungen mit den ägyptischen Demonstranten und verfolgt die Strategie des diplomatischen Schweigens.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas weiß, dass er mit Mubarak einen verlässlichen Partner hat, sowohl bei den Verhandlungen mit Israel als auch gegenüber der Hamas. Die ägyptische Führung übernahm bei der Suche nach einer innerpalästinensischen Versöhnung nahezu im Wortlaut die Kompromissvorschläge der Fatah. Ähnlich vertraut sind sich inzwischen auch Netanjahu und Mubarak. Der Israeli erinnerte im Verlauf der Regierungssitzung am Sonntag an den "30-jährigen Frieden" zwischen den Nachbarn.
Die PLO weiß aus der Erfahrung mit dem irakischen Expräsidenten Saddam Hussein und der damaligen Solidarität Jassir Arafats, welchen Preis es kosten kann, wenn man auf das falsche Pferd setzt. So mag es sich Abbas mit dem ägyptischen Präsidenten vorerst nicht verscherzen. Umgekehrt würde sich eine zu klare Bekundung der Solidarität mit der Führung in Kairo spätestens dann als kontraproduktiv erweisen, wenn die Opposition die Oberhand gewinnt. Die unabhängige Parlamentarierin Hannan Ashrawi glaubt allerdings nicht, dass die ägyptischen Entwicklungen Einfluss auf die Palästinenser haben werden, da "es bei den Beziehungen zwischen Ägypten und Palästina grundsätzlich um die Beziehungen der beiden Völker geht und nicht so sehr um gemeinsame Interessen der beiden Regierungen", wie sie sagt.
Israel setzt verständlicherweise auf Mubarak. Denn egal was nach ihm kommt, es hieße "Instabilität mit vielen Möglichkeiten", wie die auflagenstärkste Zeitung Jedioth Ahronot am Montag schrieb. Ein Erstarken der linken Demokraten würde für die Zionisten nur das kleinere von zwei Übeln bedeuten. Die ägyptische Linke ist traditionell antiisraelisch. Dennoch wäre es ungleich dramatischer für die gesamte Region, sollten sich die Muslimbrüder durchsetzen, was zwingend auch zu einem Erstarken der Hamas im Gazastreifen führen würde.
Laut Umfragen, die die Tageszeitung Maariw diese Woche veröffentlichte, wünschen sich 64 Prozent der Ägypter die Scharia, das islamische Recht, als einzige Quelle der Rechtsprechung. Die Zeitung vergleicht Umfragen im Iran, die auf nur 14 Prozent der Bevölkerung kommen, und in der Türkei mit ganzen 7 Prozent der Staatsbürger, die auf eine radikalislamische Rechtsprechung hoffen.
Der israelische Reservegeneral Aharon Seewi Farkasch, ehemals Chef der militärischen Abwehr, wirft dem Westen und allen voran den USA Ignoranz vor, denn dort werde nicht verstanden, dass es sich um den ideologischen Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten handele. Dabei gehe es um die Frage, sagte Farkasch gegenüber dem Radiosender Stimme Israels, ob die Probleme im Nahen Osten auf bewaffnetem oder diplomatischem Weg gelöst werden sollten. "Die ägyptische Führung ist ein Partner im diplomatischen Prozess", mahnte Farkasch, "wohingegen die Schiiten den bewaffneten Widerstand propagieren." Der frühere Geheimdienstler erinnerte an den Druck, den Ex-US-Außenministerin Condoleezza Rice bei den ägyptischen Wahlen 2005 auf die Regierung in Kairo ausgeübt habe, was dazu führte, dass die "Islamisten mit 88 anstelle der vorher 18 Sitze ins Parlament einzogen".
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