Israel und Gaza im Dauerclinch: Raketen vergelten gezielte Tötung

Israel tötet einen Anführer des Islamischen Dschihad im Gazastreifen. Daraufhin feuern Palästinenser von dort 50 Raketen auf Israel ab.

Eine Rakete fliegt über Gaza

Eine in Gaza-Stadt Richtung Israel abgefeuerte Rakete am Dienstag Foto: Mohammed Salem/reuters

TEL AVIV/GAZA dpa | Israels Sicherheitskräfte haben einen Anführer der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad im Gazastreifen gezielt getötet. Daraufhin schossen militante Palästinenser am Dienstagmorgen nach Armeeangaben rund 50 Raketen auf Israel.

Auch in Tel Aviv heulten mehrfach die Sirenen, Explosionen waren zu hören. Rund 20 Raketen seien vom Abwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) abgefangen worden. Zunächst gab es keine Berichte über Verletzte.

Israel wird nach den Worten von Armeesprecher Jonathan Conricus nicht zu einer Politik der gezielten Tötungen zurückkehren. Dies sei eine einzigartige Aktion gewesen, um „eine direkte Bedrohung“ abzuwenden.

Gezielte Tötungen sind umstritten, Kritiker bemängeln beispielsweise, dass damit Rechtsgrenzen verwischt werden, und sie sprechen von einer Verletzung des Völkerrechts.

In Israel blieben Schulen geschlossen

In Israel blieben Schulen und Büros vom Süden bis zum Zentrum geschlossen. Die Zugverkehr nahe dem Gazastreifen wurde laut Medienberichten teilweise gestoppt. Die Arme hat nach eigenen Angaben verstärkt Truppen ins Grenzgebiet verlegt. Die beiden Grenzübergänge von Israel in den Gazastreifen blieben bis auf weiteres geschlossen.

Die Armee informierte über die Operation im Gazastreifen unter Beteiligung des Inlandsgeheimdienst Schin Bet in der Nacht zu Dienstag. Die militante Palästinenserorganisation bestätigte den Tod von Baha Abu al-Ata und seiner Frau. „Israel hat alle roten Linien überschritten“, hieß es in einer Stellungnahme. Laut Gesundheitsministerium in Gaza wurden fünf weitere Personen verletzt.

Nach Angaben von Armeesprecher Conricus hatte Abu al-Ata sich mit „menschlichen Schutzschilden“ umgeben. Die Sicherheitskräfte hätten in dieser Nacht die Möglichkeit gesehen, ihn mit einem „chirurgischen Angriff“ töten zu können.

Bei der Attacke aus der Luft gegen 4.00 Uhr sei nur gezielt das Stockwerk in dem Gebäude angegriffen worden, in dem er sich aufgehalten habe. Nach Medienberichten wurde er im Schlaf getötet. Die Sicherheitskräfte hätten Abu al-Ata auch im Vorfeld gewarnt, sie wüssten über seine Pläne Bescheid, sagte Conricus.

Israel: Getöteter war Anführer der Al-Kuds-Brigaden

Abu al-Ata habe in den vergangenen Tagen Vorbereitungen für „unmittelbar bevorstehende“ Terroranschläge auf israelische Zivilisten und Soldaten vorangetrieben, teilte die Armee mit. Er habe unter anderem Terroreinheiten für das Eindringen nach Israel trainiert.

Abu al-Ata war der Anführer der Al-Kuds-Brigaden, des bewaffneten Arms des Islamischen Dschihad im Gazastreifen. Die Operation habe dazu gedient, „eine drohende Gefahr“ abzuwenden, hieß es weiter von der Armee.

Die Aktion war von Ministerpräsident und Verteidigungsminister Benjamin Netanjahu genehmigt worden sowie vom Sicherheitskabinett, wie es in einer Stellungnahme von Netanjahus Büro hieß.

Die Regierung hatte am Sonntag der Ernennung von Naftali Bennett von der Neuen Rechten zum neuen Verteidigungsminister zugestimmt. Bennett hatte in der Vergangenheit einen deutlich härteren Kurs Israels gegenüber der im Gazastreifen herrschenden Palästinenserorganisation Hamas gefordert.

„Abu al-Ata war verantwortlich für die meisten Aktivitäten des palästinensischen Islamischen Dschihad im Gazastreifen und war eine tickende Zeitbombe“, teilte die Armee mit. „Er hat Terrorattacken angeführt und sich persönlich an ihnen beteiligt sowie an Versuchen, israelischen Zivilisten und Soldaten Leid zuzufügen durch Raketenbeschuss, Scharfschützenfeuer, das Senden von Drohnen und mehr.“

Abu al-Ata sei verantwortlich gewesen unter anderem für den intensiven Beschuss Anfang Mai, den Raketenbeschuss am 1. November, bei dem ein Haus in der israelischen Stadt Sderot getroffen wurde, sowie den Raketenbeschuss eines Musikfestivals in Sderot Ende August, teilte die Armee mit.

In der Vergangenheit hatte Israel immer wieder gezielt militante Palästinenser getötet, darunter auch Führungsmitglieder der islamistischen im Gazastreifen herrschenden Hamas. Nach dem Gaza-Krieg 2014 hatte das Militär im Rahmen einer Waffenruhe diese Praxis jedoch weitgehend unterlassen.

Israel hatte während des Sechstagekriegs 1967 unter anderem das Westjordanland und den Gazastreifen erobert. Es hat vor zwölf Jahren eine Blockade des Gazastreifens verschärft, die von Ägypten mitgetragen wird. Beide Länder begründen dies mit Sicherheitsinteressen. Die Hamas wird von der Europäischen Union, Israel und den USA als Terrororganisation eingestuft. Sie hat sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen geschrieben.

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