Israel oder die Hamas bekämpfen: Fatah-Aktivisten erwägen eine Intifada
Palästinensische Strategiedebatte: Mit Israel die Hamas besiegen oder mit der Hamas Israel bekämpfen?
RAMALLAH taz In den Reihen der Palästinenserorganisation Fatah bilden sich neue Fronten. Die eine Strömung will gemeinsam mit Israel die islamistische Hamas besiegen, während die andere eine Aussöhnung mit Hamas sucht, um anschließend erneut den gewaltsamen Widerstand gegen die Besatzung aufzunehmen. "Es soll niemand glauben, dass man die feindlichen Aktionen, wie den Bau von Siedlungen, fortsetzen kann, ohne dass das palästinensische Volk dagegen angehen wird," warnt der ehemalige Minister der Palästinensische Autonomiebehörde, Kadura Fares von der Fatah. Er fordert die sofortige Aussetzung der Friedensverhandlungen mit Israel.
Die Kritiker von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dessen Verhandlungsteam verlangen einen politischen Fortschritt noch vor oder zumindest parallel zu der Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste, was vorläufig nicht passiert. Für die Öffentlichkeit im Westjordanland erkennbar sind die von israelischen Soldaten und palästinensischen Sicherheitskräften vorgenommenen Schließungen muslimischer Wohlfahrtseinrichtungen, während der Siedlungsbau, Haupthindernis für Fortschritte im Friedensprozess, vorangetrieben wird.
Besonders umstritten war ein Treffen in der jüdischen Siedlung Beit El, wo führende Kommandanten beider Seiten im September über Maßnahmen gegen die islamischen Extremisten berieten. Berichten der auflagenstärksten israelischen Tageszeitung Yediot Achronot zufolge sollen die Palästinenser im Verlauf des Treffens um mehr Waffen gebeten haben, auch um "den Gazastreifen wiederzuerobern". Dort hatte die Hamas vor gut einem Jahr der Fatah gewaltsam die Kontrolle entrissen.
Nach Ansicht von Kadura Fares, Mitunterzeichner der Genfer Friedensinitiative, besteht in den Reihen der Fatah eine "deutliche Verwirrung" darüber, wer der Feind ist. "Es ist nicht die Hamas, die unser Land geraubt hat, die uns zu Flüchtlingen macht und Straßenblockaden aufstellt. Nicht die Hamas hat Tausende Palästinenser ermordet", erinnert der Exminister.
Die Frustration über den von der Regierung in Jerusalem forcierten Siedlungsbau wird zusätzlich genährt, da radikale jüdische Siedler immer offensiver gegen Soldaten und ihre palästinensischen Nachbarn vorgehen. Eine dritte Intifada, die unter den Fatah-Aktivisten erwogen wird, die sich stets schwer mit dem Abschied vom Widerstandskampf taten, könnte von einem Terrorakt jüdischer Siedler provoziert werden. Der bisher schlimmste Gewaltakt fand 1994 in Hebron statt, als der jüdische Fanatiker Baruch Goldstein 29 betende Muslime erschoss.
In israelischen Sicherheitskreisen wird die Gefahr einer dritten Gewaltwelle vorläufig als eher gering eingeschätzt. Die Wunden der Zweiten Intifada seien noch zu frisch, argumentieren die Kommandanten, als dass die Palästinenser schon jetzt eine neue Runde wagen würden. Für die Führung im Westjordanland war die Zweite Intifada beendet, als die Hamas den Gazastreifen übernahm. Israel und die Fatah einigten sich danach auf neue Friedensgespräche.
Kadura Fares fürchtet, dass die Zeit für eine friedliche Einigung abläuft. Alternativ zur Zwei-Staaten-Lösung gebe es "nur einen fortgesetzten Krieg zwischen Muslimen und Juden weltweit", warnt er, "nicht nur zwischen Palästinensern und Israelis".
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