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Islamistisches Kommando mit dem Ziel Paris

■ Der bisherige Verlauf des weihnachtlichen Geiseldramas in Algier und Marseille

Samstag, 24. Dezember: Ein bewaffnetes Kommando bringt auf dem Flughafen von Algier einen Airbus der Air France kurz vor dem Start nach Paris in seine Gewalt. An Bord befinden sich 226 Passagiere und eine zwölfköpfige Besatzung. Die Maschine hätte planmäßig um 11.15 Uhr starten und um 13.25 Uhr in Paris-Orly landen sollen. Im französischen Außenministerium trifft sich ein Krisenstab, am frühen Nachmittag wird auch auf dem mittlerweile gesperrten Flughafen von Algier ein Krisenstab unter Leitung des algerischen Ministerpräsidenten Mokdad Sifi gebildet.

Die Geiselnehmer lassen in mehreren Etappen 42 Passagiere frei. Am späten Nachmittag fallen Schüsse. Eine junge freigelassene Frau berichtet, beim Verlassen der Maschine habe sie über „zwei leblose Körper“ steigen müssen. Nach ihren Angaben spricht das bewaffente Kommando Gebete und zwingt die Frauen an Bord, sich den Kopf zu verhüllen. Am frühen Abend verlangen die Luftpiraten den Start der Maschine, ohne das Flugziel zu nennen. Nach algerischen Angaben wird mit dem Kommando weiterverhandelt. Es stellt sich heraus, daß die Geiselnehmer zwei Passagiere, einen algerischen Polizisten und einen Vietnamesen, erschossen haben. Die Maschine steht ohne Eigenbeleuchtung auf der Rollbahn und wird von zwei großen Scheinwerfern angestrahlt. Um einen Start zu verhindern wird die Gangway nicht weggerollt.

Sonntag, 25. Dezember: Kurz nach Mitternacht wird in Paris bekannt, daß insgesamt 63 Passagiere frei sind und der mutmaßliche Chef des Kommandos, Abdul Abdallah Yahia, der radikalen Islamistenorganisation „Bewaffnete Islamische Gruppe“ (GIA) angehören soll. Am Morgen teilt das algerische Innenministerium mit, das Kommando fordere bis 10 Uhr außer dem Start der Maschine auch die Freilassung der beiden unter Hausarrest stehenden Führer der verbotenen „Islamischen Heilsfront“ (FIS), Ali Benhadj und Abassi Madani. Kurze Zeit danach wird das Ultimatum zurückgenommen. Das Innenministerium spricht von fünf Geiselnehmern, vier von ihnen seien identifiziert. Der französische Premierminister Edouard Balladur unterbricht seinen Weihnachtsurlaub und kehrt nach Paris zurück. Am frühen Abend hat das Kommando noch 173 Geiseln in seiner Gewalt. Eine Minute nachdem um 21.30 Uhr ein Ultimatum für das Wegrollen der Gangway abgelaufen ist, erschießen die Luftpiraten einen französischen Botschaftsangehörigen an Bord und werfen seine Leiche aus dem Flugzeug.

Montag, 26. Dezember: Im Morgengrauen landet das Flugzeug auf dem südfranzösischen Flughafen Marignane bei Marseille. Gegen 9 Uhr fordern die Geiselnehmer ultimativ das Auftanken der Maschine zum Weiterflug nach Paris und drohen mit der Hinrichtung weiterer Geiseln. Wenig später ziehen sie das Ultimatum zurück. Die Verhandlungen werden den Tag über fortgesetzt. Einer der Unterhändler beklagt, die Entführer würden unablässig ihre Forderungen ändern. Am Nachmittag wurden die Entführer müde. Französische Spezialtruppen stürmten die Maschine um 17.15 Uhr. AFP

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