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Islamisten triumphieren in Algeriens Städten

■ Bei den Regionalwahlen erringt die „Islamische Heilsfront“ (FIS) 53 Prozent / Regierende FLN weit abgeschlagen / FIS-Chef Madani fordert Parlamentsauflösung / „Die Zeit der Vorherrschaft der FLN ist abgelaufen“ / Le Pen jubelt / Marokko und Tunesien besorgt

Algier (dpa/taz) - Die fundamentalistische Religionspartei „Front Islamique du Salut“ (FIS) hat die ersten freien Kommunalwahlen in Algerien klar gewonnen. Der Sieg der „Islamischen Heilsfront“ ist eine schwere Niederlage für die seit fast drei Jahrzehnten allein regierende, sozialistische „Front der Nationalen Befreiung“ (FLN) von Staatschef Schadli Bendschedid. Der Führer der FIS, der 59jährige Hochschullehrer Abassi Madani, forderte nach seinem Sieg die Auflösung der Nationalversammlung und vorgezogene Parlamentswahlen „binnen drei Monaten“.

Die FIS errang vor allem in den großen Städten wie Algier, Constantine und Oran die Mehrheit. Nach am Donnerstag vorliegenden offiziellen Teilergebnissen erzielten die Religiösen in 327 der bislang 612 ausgezählten Kommunen (53 Prozent) die absolute oder relative Mehrheit. Die FLN konnte nur 208 Gemeinden halten. Für die sozialdemokratisch orientierte, kabylische Berberpartei votierten 8 Prozent. Unabhängige Kandidaten und kleinere Parteien, denen man einen weit höheren Stimmanteil prognostiziert hatte, erhielten nur 5 Prozent. Den überraschend hohen Wahlsieg haben die Koranstreiter allerdings auch dem erfolgreichen Aufruf zum Wahlboykott einiger Oppositionsparteien zu verdanken. Denn etwa 40 Prozent der gut 13 Millionen wahlberechtigten Algerier blieben den Wahllokalen fern.

Die unmittelbaren politischen Auswirkungen des FIS-Siegs sind unklar. Staatsführung und Regierung reagierten bislang nicht auf die FIS-Forderung nach Parlamentsauflösung. Schadli Bendschedid will erst 1992 Neuwahlen abhalten. FIS -Chef Madani, der sich beeilte, seine Partei als „demokratische und pluralistische“ Organisation zu charakterisieren, meinte dazu knapp: „Die Zeit der Vorherrschaft der FLN ist abgelaufen.“

Der hohe Sieg der Islamisten kam überraschend. Viele Beobachter gingen von einer starken Verankerung der FLN vor allem auf dem Lande aus. Zugleich war eine stärkere Abwehrhaltung eher westlich orientierter AlgerierInnen gegen die Religiösen erwartet worden. Auswirkungen werden nun auch auf die Nachbarländer Marokko und Tunesien erwartet, wo die Fundamentalisten als Partei nicht zugelassen sind.

Auch in Frankreich, das enge politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zur einstigen Kolonie Algerien unterhält, sorgte der Fundamentalistensieg für einige Aufregung. Der französische Präsident Mitterand äußerte sich zwar sehr zurückhaltend über den Wahlausgang, doch schwang in seinen Worten, mit denen er der Hoffnung nach „Aufrechterhaltung der traditionell guten Beziehungen“ mit Algerien Ausdruck verlieh, deutliche Sorge mit.

Gut ins politische Kalkül paßt dagegen dem Führer der rechtsextremen „Nationalen Front“, Le Pen, das algerische Votum. „Ich denke“, so Le Pen, „dies ist das bedeutendste Ereignis unseres Jahrzehnts“. Mit dieser eigenwilligen historischen Einschätzung will Le Pen vor allem auf die „Andersartigkeit“ und „Anpassungsunfähigkeit“ der zahlreichen, in Frankreich lebenden Algerier hinweisen und sie samt und sonders als unverbesserliche Fanatiker diskreditieren, die man am besten sogleich in die algerische Wüste schicken solle. Nur die iranische Führung beglückwünschte Madani und sprach von einem „großen Sieg für die Religion“.

wasa

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