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Islamisches RechtDie Hosen an

200 Dollar soll Lubna Hussein jetzt zahlen, weil sie Hosen getragen hat. Für dieses "unanständige" Outfit sollte sie eigentlich sogar ausgepeitscht werden. Hussein wehrt sich weiter.

Lubna Hussein: Unanständig gekleidet, weil sie Hosen trug. Bild: reuters

KAIRO taz | Sie wurde schuldig gesprochen, Hosen getragen zu haben, aber zumindest das Auspeitschen blieb ihr erspart. So lautet das Urteil gegen die sudanesische Journalistin Lubna Hussein, das am Montag von einem sudanesischen Gericht verkündet wurde. Statt der im sudanesischen Gesetz vorgeschriebenen 40 Peitschenhieben wurde Hussein zu einer Geldstrafe von 200 Dollar verurteilt.

Noch im Gerichtssaal lehnt die kämpferische Verurteilte den Richterspruch ab. "Ich werde keinen Penny zahlen, das ist eine Frage des Prinzips", lautete ihre erste Reaktion. "Lieber gehe ich ins Gefängnis, um die dortigen Verhältnisse zu studieren", erklärte sie. Draußen vor dem Gerichtssaal hatte die Polizei zuvor mehrere Dutzend Frauen festgenommen, die zur Unterstützung Husseins gekommen waren.

Die Journalistin war mit zwölf anderen Frauen am 3. Juli von der "Polizei für öffentliche Ordnung" in einem Café in Khartoum verhaftet und angeklagt worden, unanständig gekleidet gewesen zu sein, weil sie Hosen trug. Zehn der festgenommenen Frauen wurden zwei Tage nach ihrer Verhaftung ausgepeitscht.

Als Mitarbeiterin der UNO hätte Hussein auf ihre Immunität beharren können, beschloss aber, dort zu kündigen und mit zwei anderen verhafteten Frauen vor Gericht zu ziehen. Einen Vermittlungsversuch lehnte sie ebenso ab wie ein Amnestieangebot von Präsident Omar al-Baschir.

Die Journalistin startete eine Öffentlichkeitskampagne in arabischen und internationalen Medien. "Mein Fall ist kein Einzelfall", schrieb sie letzte Woche in einer Kolumne und zitierte einen Polizeichef, der erklärte, dass allein im Jahr 2008 mehr als 43.000 Frauen unter der Anklage, "die Kleiderordnung verletzt zu haben", verhaftet worden seien. Der genannte Polizeichef habe keine Angaben gemacht, wie viele dieser Frauen ausgepeitscht wurden.

"Wenn ich über meinen Fall nachdenke, dann bete ich dafür, dass meine Töchter nicht in der gleichen Angst vor der Sittenpolizei leben müssen." Husseins Ziel ist klar: "Die sudanesischen Frauen werden nur in Sicherheit leben, wenn uns die Polizei schützt und diese Gesetze endlich aufgehoben werden."

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12 Kommentare

 / 
  • AU
    Atta unser

    Zu dem link "sioede":

     

    Kritik an zb dem Islam und auch Israel nicht automatisch als antisemitisch zu sehen, ist völlig richtig.

    In vielen schwierigen Themen würde es uns helfen, wenn wir offener darüber diskutieren würden. Sarrazin hat so ein Problem angesprochen, allerdings mit eben diesen antisemitischen Zügen und an unangebrachter Stelle. Auch solche pauschalen Zahlen zu nennen (90% der..) ist erstens unseriös und zweitens unwahr. Das Problem bleibt jedoch bestehn, doch eben den immigrantenkindern kann auch die Gesellschaft und die Politik ihr übriges zu einer guten Integration tun.

     

    [quote aso/) Was genau soll denn an dem Aufzählen von Fakten in verschiedenen Ländern rassistisch sein?

    Nennen Sie präzise Beispiele![/quote)

    es ist eine verbreitete nicht nur rechte Erscheinung Statistiken umzudeuten und für seine Zwecke zu benutzen. Manchmal ist gar keine Umdeutung nötig, denn die Erhebung der Statistik selbst fußt auf falschen Erkenntnissen. Somit sind absolute Zahlen immer mit Vorsicht zu betrachten. Ich habe mir diesen link fünf minuten angeschaut und komme zu dem Schluß, dass sich ein antisemitischer Faden durch die url zieht. Was hat z b der Anteil an Moslems in Bosnein mit Massenmord zu tun? Wird da nicht etwas verwechselt? Die Zahlen über Änhänger des Islam in den jeweiligen Ländern mag zwar vllt richtig sein, dennoch lässt dies keine wie auf dieser Seite gezogenen Schlüsse zu. Gesellschaften funktionieren nicht so einfach. Und entweder sind die Leute , die diesen link verteidigen entweder antisemitisch (und wissen es vllt nich) oder stehn aufm Schlauch!

    Bei Sätzen, wie

    "Um ihre Blutlust(!) zu befriedigen, beginnen Moslems nun, sich aus den verschiedensten Gründen gegenseitig umzubringen" wird mir übel!

    Dies bedeutet nicht, dass ich die Auslegung! des Islam in einigen Staaten verurteile.

  • K
    Kim

    Danke an die taz, dass ihr im Ggs. zu vielen Zeitungen regelmäßig über den Fall berichtet. ich wünsche der mutigen Frau weiterhin viel Kraft in ihrem Kampf für Selbstbestimmung und gegen die religiös-fundamentalistische Fremdbestimmung.

  • A
    aso

    @ Miroxo:

    „...Der Link zu siode führt zu einem krass rassistischen Text...“ ,

    mit Parallelen zu „dem Antisemitismus der Nazis“.

     

    Und was genau meinen Sie mit „Versämtlichung“?

    Ich vermute mal Sie meinen Verallgemeinerung.

     

    Was genau soll denn an dem Aufzählen von Fakten in verschiedenen Ländern rassistisch sein?

    Nennen Sie präzise Beispiele!

    Bitte auch präzise Beispiele für die unterstellten Parallelen zu dem Antisemitismus der Nazis.

    Eine „differenzierte(n) Auseinandersetzung“ Ihrerseits wäre in der Tat wünschenswert, statt ihrem eigenem Vorwurf zu entsprechen, und selbst

    undifferenziert zu verallgemeinern.

  • A
    Alex

    @marina

     

    Die Sharia ist ein Gesetzestext, kein Roman, Lyrik oder sonstiges "Werk" welches es zu deuten gilt.

    Um der Kriminalisierung Homosexueller entgegen zu wirken wurde in Deutschland 1988 § 175 StGB ersatzlos gestrichen. Dinge aus der Sharia austreichen oder übersehen - wie soll das gehen?

     

    Die Sharia nicht als Gesetzestext zulassen und dabei hoffen dass die Menschen auf dauer aus eigenen Interessen von religiöser Selbstgeißelung in Form von Sittengesetzten usw. Abstand nehmen.

  • G
    Gerda

    @ Marina: So einfach ist die Sache nicht, dass alles eine Auslegungsfrage wäre.

     

    1. Zur Auslegung:

    Die islamische Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990 besagt, dass Frauen und Männer entgegen der UNO-Menschenrechtserklärung nicht gleichberechtigt seien. Das haben 57 islamische Außenminister und Gesandte so vereinbart. Das ist bislang nicht revidiert.

     

    2. In Deutschland gilt das Grundgesetz.

    Es schränkt alle Kulte und Religionsdogmen aufs Private ein, verbannt sie in den politsch unverbindlichen Gültigkeitsbereich der Sonntagspredigten.

     

    Wo aber ein Kultus nebst seiner Dogmen staatsrechtlich vorgeordnet ist, wie in den islamischen Staaten, bleibt zum Auslegen gar kein legaler Handlungsraum. Also machen Sie sich dort strafbar, wenn Sie eigene Auslegungen wagen, und seien es wie hier nur Bekleidungsfragen.

     

    Eben gegen diese staatsrechtliche Voranstellung kultischer Dogmen kämpft Lubna Hussein!

     

    Solidarität mit Lubna Hussein sollte m.E. zumindest darin bestehen, auch hier in Deutschland und Europa die Neutralität des aufgeklärten säkularen Staates zu verteidigen und zu fördern, inklusive der Pressefreiheit, die vor Einschüchterungsversuchen von Seiten von Dogmatikern zu schützen ist.

  • M
    Miroxo

    Der Link zu siode führt zu einem krass rassistischen Text, der mit Versämtlichung arbeitet und dem Antisemitismus der Nazis um wenig nachsteht. Wie wärs mal mit ner differenzierten Auseinandersetzung.

  • M
    marina

    @ frauke & gockeline: Ihr begeht in einem Punkt genau denselben Irrtum wie die Chauvinisten dort.

     

    nämlich zu meinen, dass eine "islamische" Auffassung so aussehen müsse.

     

    Was haben Leute noch im 19. Jh. ja z.T bis heute geglaubt, was angeblich "christlich" sei?

     

    Nein, Scharia und letztlich jedes Recht ist immer eine Sache der Auslegung von Buchstaben. Buchstaben sind niemals eindeutig. Im Neuen Testament stehen z.B. Dinge, die 'man' sehr frauenfeindlich auslegen könnte. Muss 'man' aber nicht! Ebensowenig viele Stellen im Koran. (wobei ich selber keine Muslimin bin).

     

    Lubna Hussein hat das besser verstanden, als Ihr beide - bisher, so scheint mir.

  • VK
    Von Kim

    @ Gockel: Der Verweis auf Alice Schwarzer ist an dieser Stelle wohl mehr als unpassend. Alice Schwarzer hat die Apartheidssituation von Frauen in der islamischen Welt schon kritisiert, als die meisten deutschen Zeitungen - aber auch ein großer Teil der Öffentlichkeit - noch fleißig einen auf Multi-Kulti und Kulturrelativismus gemacht haben.

  • G
    Gockeline

    Es geht nur vordergründig um die Hosen.

    Es kann sich niemand vorstellen wie dort Frauen unterdrückt werden in allen Gebieten.

    Wir haben so viele Frauen die über das Ziel hinausschießen.

    Schickt doch diese mal in den Sudan,Saudi Arabien,Afganistan und andere moslemische Länder,

    damit sie sehen was mit Frauen dort gemacht wird.

    Wo sie sich austoben können mit viel Kraft.

    Vor allem Frau Alice Schwarzer und ihre Frauen.

    Dort wäre ein großes Feld zu bearbeiten.

  • A
    Anneliese

    Ich habe Hochachtung vor dem Mut dieser Frau.

     

    Leider haben andere grosse deutsche Zeitungen lange gebraucht, um ihrem Kampf Beachtung zu schenken. Danke an die TAZ, die zeitig und bereits mehrfach berichtete.

  • A
    aso

    @ frauke:

    „...Wieviele sreng Gläubige Muslime braucht es eigentlich in einem Land bis es kippt und solche Gesetzeslagen zum tragen kommen?...“:

     

    Ab etwa 60 % Bevölkerungsanteil ist mit der Einführung der Scharia zu rechnen:

    http://sioede.wordpress.com/2008/12/06/moslem-anteil-und-islamisierung/

     

    „...Die Islamische Rechtsauffassung und Rechtsordnung sollte man in die Tonne kloppen....“:

    Diese Äußerung wäre bereits als Blasphemie mit Todesstrafe bedroht.

    Kritik an der Scharia ist, da (angeblich) göttlichen Ursprungs, nicht möglich.

  • F
    frauke

    Wieviele sreng Gläubige Muslime braucht es eigentlich in einem Land bis es kippt und solche Gesetzeslagen zum tragen kommen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dazu Mehrheitsentscheidungen braucht. Die Mehrheit der Sudanesen ist bestimmt nicht dafür. Die Islamische Rechtsauffassung und Rechtsordnung sollte man in die Tonne kloppen.