Irischer Bierbrauer: Bunt statt besoffen
Im neuen Guinness-Werbespot sollen kongolesische Sapeurs das trübe Getränk aufwerten. Führt Bierkonsum jetzt zum Dandysein?
Mühsam schleppt der Mann mit dem schmerzverzerrten Gesicht einen Eisblock durch den Slum. „Im Leben kannst du dir nicht immer aussuchen, was du tust“, sagt die Stimme aus dem Off. „Aber du kannst dir immer aussuchen, wer du bist.“
Bluesrock begleitet den neuen Guinness-Werbespot, während der Eisträger und andere Arbeiter sich bunte Anzüge und extravagante Lackschuhe anziehen oder mit den Fingern den Rand ihrer Hüte entlangfahren. Dann tanzen sie über die staubigen Straßen - und bilden einen farbgewaltigen Kontrapunkt vor der grauen Alltagskulisse.
Die schrillen Herren scheinen für den Werbespot inszeniert, doch sie sind Teil einer realen Subkultur und man trifft sie vorwiegend in den Städten der Republik Kongo wie etwa in der Hauptstadt Brazzaville.
Empfohlener externer Inhalt
Sapeurs heißen sie sind eine Art afrikanische Antwort auf die europäischen Dandys, die mithilfe von erlesener Kleidung vor allem im 19. Jahrhundert gegen die Mainstream-Mode protestierten. Doch im Gegensatz zu den privilegierten Dandys stammen die Protagonisten der kongolesischen Variante aus der Arbeiterschicht.
Die Metamorphose vom verschwitzten Bauarbeiter zum perfekt gekleideten Modehipster, dessen teure Kleidung oft einen Großteil des Gehalts kostet, ist eine Flucht aus den prekären Lebensverhältnissen. Ein positiver Eskapismus, ganz im Gegensatz zur Flucht in den Alkohol.
Hier wird das Freiheitsversprechen eines individualistischen Lebensstils mit Bierkonsum kurzgeschlossen, was leidenschaftliche Guinnesstrinker desillusionieren könnte. Denn dass die Stammgäste eines irischen Pubs genauso schick wie die Sapeurs auf der Straße tanzen, ist zu bezweifeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe