: Irans dienstältester Minister
Teherans Außenminister Velayati ist ein Revolutionär der ersten Stunde und ein pragmatischer Politiker PORTRAIT ■ Aus Teheran Ali Sadrzadeh
Der iranische Außenminister Ali Akbar Velayati ist von Haus aus Kinderarzt und veröffentlicht auch heute noch gelegentlich medizinische Bücher. Schon während seines Studiums an der Teheraner Universität und später im Ausland hatte er sich der islamischen Opposition gegen das Schah- Regime angeschlossen. Praktiziert hat er seinen Beruf jedoch nicht lange. Nach dem Sieg der Revolution im Februar 1979 betätigte er sich zunächst als Journalist und hielt engen Kontakt zu Revolutionsführer Ayatollah Khomeini.
Velayati ist der vierte Außenminister der nach- revolutionären Ära und zugleich dienstältester Minister. Als solcher überstand er alle revolutionären Turbulenzen. Während der schwierigen Jahre des Krieges mit dem Irak war er durchweg der Chefdiplomat der islamischen Republik. Auch in jener Zeit betonte der heute 48jährige Velayati stets, daß er eine pragmatische Politik befürwortet, die er jedoch nicht immer durchsetzen konnte. Häufig stand er unter Druck der Radikalen. Mit dem bundesdeutschen Außenminister ist er bereits mehrfach zusammengetroffen, so auch 1984 in Teheran, als Hans-Dietrich Genscher als einziger Außenminister der EG die islamische Republik besuchte.
Das wichtigste und für den Iran wahrscheinlich folgenreichste Treffen zwischen den beiden Außenministern kam im Frühjahr 1988 in Griechenland zustande, wo Genscher und Velayati den Waffenstillstand im Krieg mit dem Irak vorbereiteten.
Die Bundesrepublik war für den Iran immer eine Drehscheibe, um internationale Krisen und Konflikte zu überwinden. Zu Zeiten der internationalen Isolation des Iran setzte Velayati alles daran, die Beziehungen zu Bonn nicht zu gefährden. Auch wirtschaftlich ist die Bundesrepublik seit Jahren das Land, das am meisten Waren in den Iran einführt. Im Schatten des zweiten Krieges am Golf scheint die pragmatische Linie Velayatis zur Geltung zu kommen. Gemeinsam mit Staatspräsident Rafsandschani formulierte er eine Neutralitätspolitik, die sich trotz innerer Widerstände letztendlich durchsetzte.
Wenn Velayati nun nach Bonn gekommen ist, so strebt er nicht nur ein Stück lang ersehnte internationale Anerkennung für den Iran an, sondern auch eine Zusage von Bonn, daß dem Iran nach dem Ende des Golfkriegs eine besondere Rolle zukommt. Daß er diese Zusicherung erhält, scheint so gut wie sicher zu sein.
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