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Irans Wirtschaft im VisierEU verschärft Sanktionen

Europas Staatschefs sind sich einig, die Handelsbeschränkungen gegen den Iran werden ausgeweitet. Auch Kuba und Serbien stehen auf der Tagesordnung der Außenminister in Brüssel.

Muss künftig mit noch härteren Sanktionen seitens der EU rechnen: die iranische Waffenindustrie. Bild: reuters

BRUESSEL taz | Europäische Firmen müssen ihre Geschäftsbeziehungen zum Iran überprüfen. Die EU-Außenminister werden bei ihrem Treffen heute in Luxemburg die Wirtschaftssanktionen gegenüber Teheran verschärfen.

Auf spanische Initiative wird die Runde auch über Kuba debattieren. Madrid will die Beziehungen der EU zu dem Land intensivieren, da Ansätze für eine Liberalisierung zu erkennen seien. Vor allem osteuropäische Staaten sind strikt dagegen. Auch die Verleihung des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments an den kubanischen Dissidenten Guillermo Fariñas ist eher als Signal der Kubakritiker zu interpretieren. Da außenpolitische Entscheidungen in der Union zu den wenigen Bereichen gehören, die unverändert einstimmig entschieden werden müssen, wird sich an der europäischen Kubapolitik vorläufig nichts ändern.

Zum Iran hingegen haben die europäischen Staatschefs bereits im Juli einstimmig Beschlüsse gefasst, die über die UN-Resolution vom Juni noch hinausgehen. Waren, die zur Waffenherstellung dienen können, dürfen nicht mehr ausgeführt werden. Die Zusammenarbeit mit iranischen Unternehmen, die im weitesten Sinn mit der Produktion oder Verbreitung von Waffen zu tun haben, ist verboten. Unter diesen Bann fällt zum Beispiel auch die Islamic Republic of Iran Shipping Line (IRISL). Iranisches Vermögen bei europäischen Banken wird eingefroren, die Reisebeschränkungen für iranische Politiker verschärft. Banken müssen Überweisungen in den Iran ab einer Höhe von 10.000 Euro melden, Überweisungen von mehr als 40.000 Euro sind genehmigungspflichtig. Europäische Versicherungen dürfen iranische Geschäftspartner, Unternehmen oder Privatleute nicht mehr versichern, die europäischen Beteiligten eines Irangeschäfts hingegen schon.

Besonders streng sind die Bestimmungen für die Öl- und Gasindustrie. Europäische Partner dürfen sich an der Erschließung, Ausbeutung und Verarbeitung iranischer Öl- und Gasressourcen weder finanziell, noch als Zulieferer oder Dienstleister beteiligen. Bereits bestehende Verträge sind davon nicht betroffen. Auch Öllieferungen aus dem Iran nach Europa sind weiterhin erlaubt. Eine Ausnahmegenehmigung gibt es auch für die Zusammenarbeit Irans mit europäischen Firmen auf einem Gasfeld in Aserbaidschan. Dort halten die Iraner eine 10-prozentige Beteiligung. Da das Gasfeld an die künftige Nabucco-Pipeline angeschlossen werden soll, die Gas aus dem Kaukasus nach Europa bringt, wird die Zusammenarbeit geduldet.

Ermutigende Zeichen wird die Runde der Außenminister heute Richtung Serbien senden. Die EU-Kommission wird beauftragt, in einem Gutachten darzulegen, ob das Land fit ist für einen Aufnahmeantrag in die EU. Bis es den begehrten Kandidatenstatus erhält, sind aber noch zwei Hindernisse auszuräumen: Die EU verlangt bessere Kooperation mit dem Kriegsverbrechertribunal ICTY in Den Haag, also die Auslieferung von Ratko Mladic und Goran Hadziz und eine "konstruktive Haltung" in den Verhandlungen mit dem Kosovo. Die Niederlande hatten eine Annäherung Belgrads an die EU bislang mit dem Einwand blockiert, das Land bemühe sich nicht ernsthaft um Zusammenarbeit mit dem ICTY.

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2 Kommentare

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  • H
    Hammerling

    Ich weiß nicht, warum ein Foto ausgerechnet dieser Raketen beigefügt worden ist. Die Shaheen sind Teil eines Luftverteidigungssystems. Woher das die taz hätte wissen können? Aus den EXIF-Daten des Fotos, genauer im Abschnitt "Caption":

     

    The Shaheen missile, part of Iran's medium range anti-aircraft air defence system Mersad (Ambush), is seen on its launcher during its unveiling ceremony in Tehran April 11, 2010. Iran will lodge a complaint with the United Nations about what it sees as U.S. President Barack Obama's threat to attack it with nuclear weapons, the foreign ministry said on Sunday.

  • HE
    Hildebrand Embke

    Vom 16. bis zum 22.10.2010 unternahm der Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des deutschen Bundestages eine Reise in den Iran. Teilnehmer waren Peter Gauweiler (CDU/CSU) als Delegationsleiter,Monika Grütters (CDU/CSU), Günter Gloser (SPD), Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) und Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

    Dass dies keine rein kulturelle Reise war, zeigen die Begegnungen mit dem iranischen Paralmentspräsidenten u.a. hochrangigen Politikern. - Gauweilers Kommentare zur Delegationsreise, in denen er die - angebliche - für die Region einmalige Religionsfreiheit hervorhebt und die negative "Propaganda" westlicher Massenmedien verurteilt.

     

    Wie glaubwürdig sind die deutsche Regierung und die deutschen Parteien, die einerseits die Sanktionen gegen den Iran verstärken wollen, aber andererseits mit Besuchen und fehlgeleiteten Scheuklappen-Kommentaren ein Regime hoffähig machen, dass Israel und dem Westen mit Atombomben droht, durch Wahlbetrug regiert und das eigene Volk drangsaliert, Oppositionelle einsperrt, foltert und ermordet - sowie den weltweiten Terrorismus fördert.

     

    Fehlt nur noch, dass Gauweiler und seine Delegations-Jünger Ahmadinedjad zum Messias erklären, und auf die noch leere Hülle einer Atombombe schreiben: "Möge dieses große Zäpfchen die Erde düngen und durch geistliche Nahrung Frieden bringen."

     

    Ahmadinedjad reibt sich vor Freude die Hände, und wird jetzt erst recht weitermachen wie bisher!