Irak: UNO übernimmt mehr Aufgaben
Die USA und Großbritannien wollen ihre Verantwortung für die Lage im Irak auf die UNO abwälzen. Der Sicherheitsrat beschließt eine entsprechende Resolution.
GENF taz Viereinhalb Jahre nach ihrer völkerrechtswidrigen Invasion im Irak wollen die Besatzungsmächte USA und Großbritannien ihre Verantwortung für die anhaltend katastrophale Lage im Zweistromland an die UNO abschieben. Erster Schritt hierzu ist eine von Washington und London eingebrachte Resolution, die der Sicherheitsrat am Freitagabend letzter Woche einstimmig verabschiedete.
Laut dieser Resolution, mit der das erstmals am 10. August 2003 beschlossene Mandat für die UNO-Unterstützungsmission im Irak (Unami) um ein weiteres Jahr verlängert wurde, soll die UNO künftig in fast allen Bereichen des Wiederaufbaus Aufgaben und Verantwortung übernehmen, in denen die USA und Großbritannien bisher gescheitert sind. In einem ersten Schritt soll die Zahl der UN-MitarbeiterInnen im Irak von derzeit 65 auf 95 erhöht werden. Die Personalvertretung in der New Yorker UN-Zentrale übte scharfe Kritik an der Resolution und forderte den sofortigen Abzug sämtlicher UN-MitarbeiterInnen bis zu einer deutlichen Verbesserung der Sicherheitslage im Irak.
Gemäß der Resolution des Sicherheitsrates soll die Unami im Irak künftig "unterstützen, beraten und den Menschen beistehen, ihren unfassenden politischen Dialog und eine nationale Versöhnung voranzubringen". Als konkrete Schritte werden eine Überarbeitung der zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden umstrittenen Verfassung, die Festlegung der Grenzen und eine Volkszählung genannt. Zu den weiteren Aufgaben gehören "die Koordination des Wiederaufbaus und von Hilfsleistungen", die "Förderung von Wirtschaftsreformen" sowie die Rückführung der über zwei Millionen irakischen Flüchtlinge in den Nachbarstaaten und der über zwei Millionen Binnenvertriebenen in ihre Heimatorte. Zudem soll die Unami "Gespräche zwischen dem Irak und seinen Nachbarländern über die Sicherheit an den Grenzen und die Energieversorgung fördern".
Für alle Fragen, die die Verteilung der irakischen Ölressourcen und die Beteiligung ausländischer Konzerne an der Ausbeutung der Ölfelder betreffen, soll die UNO nach dem Willen Washingtons und Londons allerdings keine Zuständigkeit erhalten. Schließlich beschloss der Sicherheitsrat die Entsendung eines neues UN-Sonderbeauftragten für Irak. Er soll die Regierung in Bagdad in "Fragen der Politik, Wirtschaft, Justiz und bei den Wahlen beraten, wenn die Umstände es zulassen".
Der erste UN-Sonderbeauftragte im Irak, Sergio Vieira de Mello, war Ende August 2003 zusammen mit weiteren 21 UN-MitarbeiterInnen bei einem Anschlag auf die Unami-Zentrale in Bagdad getötet worden. Unter dem Druck der Personalvertretung in New York zog der damalige Generalsekretär Kofi Annan nach dem Anschlag die ursprünglich weit über 100 Personen umfassende Unami zunächst vollständig ab. Seit 2004 erfolgte ein schrittweiser Wiederaufbau der Mission auf zuletzt 65 Personen. Von diesen waren allerdings 50 ausschließlich innerhalb der von US-Truppen schwer bewachten "Grünen Zone" eingesetzt und kümmerten sich dort um die Vorbereitung von Wahlen sowie um Menschenrechtsfragen.
Theoretisch könnte die Personalvertretung der UNO die beschlossene Aufstockung der Unami auf 95 Mitglieder durch ihr Veto blockieren. Bei DiplomatInnen und Beschäftigten in den UN-Zentralen in New York und Genf herrschen angesichts der prekären Sicherheitslage im Irak zudem große Zweifel, dass sich die benötigten 30 zusätzlichen MitarbeiterInnen für die Unami überhaupt finden lassen.
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