Irak: Briten verlassen Basra
Großbritanniens Truppen räumen den letzten Stützpunkt in der südirakischen Stadt. US-Regierungsbeamte werfen den Briten vor, den "Süden verloren" zu haben.
DUBLIN taz Eine Niederlage? Ach wo. Es handle sich um eine sorgfältig geplante und ordnungsgemäß durchgeführte Verlegung der Truppen, sagte der britische Premierminister Gordon Brown. Gestern hat die britische Armee ihren letzten Stützpunkt in Basra geräumt und ihn der einheimischen Armee übergeben. Die 550 britischen Soldaten zogen sich auf den Flughafen am Stadtrand zurück. Damit ist die zweitgrößte irakische Stadt nach viereinhalb Jahren frei von Besatzungstruppen.
Der Schritt sei mit der US-Regierung abgesprochen gewesen, sagte Brown, doch zweifellos ist die "besondere transatlantische Beziehung", die Browns Vorgänger Tony Blair so gepflegt hat, schwer beschädigt. Die Kritik aus den USA wird immer lauter. Regierungsbeamte in Washington warfen den Briten gestern vor, den "Süden verloren" zu haben. Brown erklärte dagegen, dass die irakische Armee nun durchaus in der Lage sei, selbst für die Sicherheit in der Region zu sorgen. Außerdem könnten die britischen Truppen jederzeit wieder eingreifen, falls das notwendig sein sollte.
Peter Kilfoyle, der frühere Labour-Staatssekretär im Verteidigungsministerium, sagte: "Das ganze hat eine politische Dimension, und ich bin mir sicher, das ist lediglich der Auftakt zu einem vollständigen Rückzug aus dem Irak. Ich denke, Gordon Brown möchte als Premierminister in die Geschichte eingeht, der die Truppen aus dem Irak abgezogen hat - und nicht als derjenige, der sie dort hingeschickt hat."
Die Bilanz des britischen Einsatzes im Irak seit der Invasion im März 2003 ist ernüchternd. Die Londoner Regierung schickte damals 45.000 Soldaten in den Krieg. Danach, im Mai 2003, verblieben 18.000 Mann als Besatzungstruppen. Heute sind es noch 6.800, davon 5.500 in der Region Basra. Krieg und Besatzung haben die britischen Steuerzahler rund fünf Milliarden Pfund gekostet, 168 britische Soldaten und Soldatinnen kostete der Einsatz das Leben.
Auf der positiven Seite sind 212 Kilometer neuer Wasserleitungen und knapp 25.000 Kurzzeitjobs zu vermelden. 336 Schulen, Versorgungsprojekte und andere Gebäude wurden von den Briten wiederaufgebaut oder saniert.
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