Investor hat Interesse an Filialen: Hertie macht sich Hoffnungen
Eine Investorengruppe hat Interesse an den Hertie-Filialen und will auch die 2.800 Jobs "weitgehend erhalten". Doch Dawnay Day blockiert.
BERLIN taz Er gibt nicht auf. Insolvenzverwalter Biner Bähr kämpft um das Überleben von Hertie. Gegen eine "Heuschrecke", sagt er, die auf Kosten der Kaufhauskette ihr eigenes Leben retten wolle. So ist es Bähr zwar inzwischen gelungen, eine Absichtserklärung von Investoren unterzeichnen zu lassen. Aber die gilt nur für die Übernahme der Hertie-Waren und der Marke - nicht jedoch der Häuser. Denn die Immobilien gehören der "Heuschrecke", dem britischen Finanzinvestor Dawnay Day, der Hertie 2005 von KarstadtQuelle übernommen hatte. Und der bleibt skeptisch.
Von der Investorengruppe sei in London noch keine Anfrage eingegangen, sagte Christoph Meyer vom Immobilienberater Atisreal Berlin der taz. Atisreal wurde von Dawnay Day beauftragt, die Hertie-Immobilien zu verkaufen. Von den derzeit noch 54 Filialen hätten bereits 7 den Eigentümer gewechselt. Für 10 weitere gäbe es Verkaufs-Vorverträge. Durch die unsichere Zukunft bei Hertie und die Finanzkrise sei es jedoch schwieriger geworden, Käufer zu finden - ursprünglich hatte man auf Einnahmen von insgesamt 350 Millionen Euro gehofft. Dawnay Day braucht Geld. "Das Interesse zu vermieten ist auf jeden Fall da", sagte Meyer. Nur müsse Hertie Investoren finden, die auch bezahlen könnten.
Noch ist unklar, wer sich hinter Bährs Investorengruppe verbirgt. Für eine Stellungnahme war sie nicht erreichbar. Bei den Ländern Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hätten sich die Investoren bisher nicht gemeldet, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Kiel. Dabei könnten diese Länder Hertie bei einem soliden Konzept mit Bürgschaften in zweistelliger Millionenhöhe unterstützen.
Was ist die Absichtserklärung also wert? Rechtlich ist sie unverbindlich. Dawnay Day soll unter Druck gesetzt werden. Die Gruppe besitze 43 der 54 Hertie-Filialen, sagte ein Hertie-Sprecher. Die Investoren machten zur Bedingung, dass Dawnay Day die Mieten auf ein marktübliches Niveau senke und Fünf-Jahres-Mietverträge garantiere. Dafür stellten sie zweistellige Millionenbeträge in Aussicht - und den "weitgehenden Erhalt" aller derzeit rund 2.800 Arbeitsplätze. Mit den Eigentümern der übrigen 11 Filialen sei man sich bereits einig, so der Sprecher.
Die Zeit jedoch drängt. Nach der Insolvenz im Juli beliefern einige Händler Hertie seit diesem Monat nicht mehr. Der Umsatz brach zuletzt um ein Fünftel ein. In manchen Regalen klaffen schon Lücken. RANIAH SALLOUM
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