Investor gesucht: Verwaiste Arbeitsplätze bei Qimonda
Vorletzter Akt des Dramas um den vom Preisverfall erschlagenen Chiphersteller: Das Insolvenzverfahren ist jetzt offiziell eröffnet.
DRESDEN taz Für den insolventen Speicherchiphersteller Qimonda scheint das letzte Kapitel angebrochen zu sein. Am Mittwoch eröffnete das Amtsgericht München offiziell das Mitte Januar beantragte Insolvenzverfahren. Sowohl die sächsische Staatsregierung als auch Insolvenzverwalter Michael Jaffé blieben bislang bei der Suche nach einem Investor erfolglos. Verhandlungen hatte es unter anderem mit dem chinesischen Staatsbetrieb Inspur, Taiwan Memory und dem russischen Angstrem-Konzern gegeben. Am Dienstag endete der Anspruch der Mitarbeiter auf Lohnfortzahlung im Rahmen des Insolvenzgeldes. 93 Prozent der zuletzt rund 4.000 Beschäftigten werden nun in eine Transfergesellschaft übernommen.
An den Standorten Dresden und München räumten deprimierte Mitarbeiter am Dienstag kommentarlos ihre Büros. Rund zwei Wochen zuvor hatten etwa 500 von ihnen sich in einer letzten demonstrativen Aktion zeitgleich bei der Dresdner Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet. Mit einem Kredit von etwa 15 Millionen Euro, den die Transfergesellschaft aufnehmen wird, können in München etwa 300 und in Dresden etwa 500 Mitarbeiter bis zum voraussichtlichen Abschluss des Insolvenzverfahrens Anfang August weiterbeschäftigt werden. Die anderen Mitarbeiter sind freigestellt. Ein Teil von ihnen soll die Anlagen im Stand-by-Modus weiterfahren, ein anderer die vielversprechende Buried-Wordline-Technik zur Chipherstellung weiterentwickeln.
Den damit verbundenen technologischen Vorsprung vor der hochsubventionierten asiatischen Konkurrenz möchten weder die Mitarbeiter noch Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) leichtfertig verlieren. Formal kann die Investorensuche auch weitergehen. Welche Köder staatlicher Beihilfen dafür ausgeworfen werden sollen, ist in Sachsens CDU-SPD-Koalition höchst umstritten. Während die CDU-Fraktion Staatsbeteiligungen und direkte Subventionen ablehnt, bietet Jurk eine Staatsbeteiligung mit einer Sperrminorität von mindestens 25,1 Prozent an. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ist vorsichtig auf die Linie Jurks eingeschwenkt, falls es einen Investor und einen Businessplan gäbe.
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