Intrigen und Verrat im Vatikan: Nichts mehr heilig in dem Laden
Paolo Gabriele, Kammerdiener von Benedikt XVI., sitzt in Haft. Er gilt bestenfalls als Handlanger derer, die in dieser Intrige die Fäden zogen.
ROM taz | Nach der Verhaftung des päpstlichen Kammerdieners Paolo Gabriele und dem Rausschmiss des Chefs der Vatikan-Bank, Ettore Gotti Tedeschi, könnte nun ein Kardinal ins Fadenkreuz der Ermittlungen um undichte Stellen in der Kurie geraten.
Die italienische Tageszeitung Corriere della Sera berichtete am Montag, die Fahnder des Vatikans seien auf den Spuren „eines italienischen Kardinals“, der zu jenem Netzwerk gehören soll, das seit Monaten die Kurie mit Enthüllungen privater Schreiben und Dokumente aus dem direkten Umfeld Benedikts XVI. in Atem hält.
Begonnen hatte es mit einigen Briefen, die anonym an Tageszeitungen weitergereicht wurden; letzte Woche dann erschien das Buch des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi „Ihre Heiligkeit. Die Geheimpapiere Benedikts XVI.“. Ob innerkirchliche Intrigen oder Versuche der Einflussnahme auf die italienische Regierung – das Buch liefert Dutzende Dokumente. Brisanter als die Enthüllungen ist für den Vatikan allerdings das absolute Novum, dass bis hin zu Privatkorrespondenz an den Papst streng vertrauliche Dokumente sich gleichsam auf dem Marktplatz wiederfinden.
Seitdem spekulieren Italiens Medien wild über die Natur des Machtkampfes, der offenbar innerhalb der Kurie im Gang ist. Ideologische Fronten sind im konservativen Apparat nicht zu erkennen; vor allem scheint der mächtige Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone Zielscheibe der Enthüllungen zu sein. Der Vatikan schlug zurück. Am Freitag kam der Kammerdiener Ratzingers, Paolo Gabriele, in Haft. Vier Kisten voller Dokumente haben die Fahnder angeblich in seinen Gemächern sichergestellt. Doch die Ermittlungen werden weitere Kreise ziehen. „Wir sind etwa 20 Personen“, zitiert Nuzzi einen seiner Zuträger, und alle Kenner gehen davon aus, dass der festgesetzte Kammerdiener bestenfalls ein Handlanger derer ist, die in dieser Intrige die Fäden zogen.
Benedikt XVI. zeigt sich derweil betrübt, dass „wir uns immer weniger verstehen“. Nur „eine neue Fähigkeit zur Kommunikation“ könne die Lösung sein. Kommuniziert wird vorerst allerdings vor allem bei den Verhören: Der Kammerdiener soll begonnen haben auszupacken.
Leser*innenkommentare
tinnef
Gast
Ein anachronistischer blöder Haufen-, der glaubt, wenn er sich maskiert, etwas besonderes zu sein. Sollte es einen Gott geben-, der lacht sich tot über diesen Zirkus. Vielleicht hat er das auch schon-, denn man hört so wenig von ihm.
ion
Gast
Was hätte der 'Stellvertreter Gottes' denn wohl zu verheimlichen (!?) – lol !
Seine schizoiden Selbstgespräche(?):
"Benedikt XVI. (....), dass „wir uns immer weniger verstehen“".
Bitte konsequent überhaupt nicht mehr über diesen gemeingefährlichen, paranoiden Faschingsverein berichten.
Wolfgang
Gast
Der Vatikan hat noch niemals selbst etwas "enthüllt."
Wurde etwas aufgedeckt, dann nur durch "Ausserirdische vom Vatikan" und das fanden die Vatikaner niemals nett.
Da herrscht eine Empfindlichkeit und die Macht des Gebetes erhält kein Echo. Der Vatikan von Gott verlassen, das ist hart aber sehr menschlich.
ingrid werner
Gast
Die "Enthüllungen", die seit einigen Monaten als angeblich brisante Dokumente kolportiert wurden, entpuppten sich allerdings überwiegend als entweder belanglos oder gefälscht."
Dito. Endlich kommt also das größte Geheimnis des Vatikans zu Tage - es gibt einfach nichts interessantes über ihn zu berichten (abgesehen von irgendwelchen Erscheinungen, Jungfrauengeburten und ähnlichem Hokuspokus aus der Klamottenkiste. Aber wer will das schon wissen?). Nicht alle Geheimnisse sind tief weil sie geheim sind. Erst wenn bei uns demnächst Hexenverfolgung, Zwangstaufe u.ä. wieder eingeführt werden, sollten wir wieder mal im Vatikan anfragen, ob er uns irgendwas verschweigt. Bis dahin: Einfach ignorieren.
Sven
Gast
Schon die Informationspanne bei der Rehabilitierung von Williamson ließ vermuten, dass innerhalb der vatikanischen Mauern gewisse Kreise am Werk sind, die gezielt auf eine Desavouierung des Vatikans, möglicherweise sogar des Papstes selbst, hinarbeiten. In diesem Zusammenhang geriet damals der konservative Kardinal Hoyos in Verdacht.
Die "Enthüllungen", die seit einigen Monaten als angeblich brisante Dokumente kolportiert wurden, entpuppten sich allerdings überwiegend als entweder belanglos oder gefälscht.