Interview: "Dieses ganz alte Denken …"

Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) über lokalen Klimaschutz, Kopenhagen als Vorbild und die Handelskammer, die in den 1980er Jahren verharrt

Reinhard Loske findet, dass man in Bremen ganz gut ohne Auto auskommen kann. Er hat trotzdem eins. Bild: Jan Zier

taz: Herr Loske, am Dienstag haben sie das "Klimaschutz- und Energieprogramm 2020" vorgestellt. Das Ziel lautet: 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß bis 2020 im Vergleich zu 1990. Sie nannten es ein Signal, wo doch gerade in Kopenhagen über die Rettung der Welt diskutiert wird. War das nicht etwas vermessen?

Reinhard Loske: Das hat mit Vermessenheit nichts zu tun. Wir arbeiten seit einem dreiviertel Jahr an dem Programm und wollten es bis Ende 2009 vorlegen - auch in dem Bewusstsein, dass da die Klimakonferenz ist. Man sollte sich nicht wichtiger nehmen, als man ist, sein Licht aber auch nicht unter den Scheffel stellen. Bremen und der Nordwesten kann eine Menge beitragen zur Bekämpfung des Klimaproblems, ist aber auch in besonderer Weise von ansteigenden Meeresspiegeln betroffen.

Zur Zeit sind wir bei etwa zehn Prozent weniger CO2-Ausstoß als 1990. 30 Prozent in zehn Jahren - ist das zu schaffen?

Wenn wir so weiter machen wie jetzt, erreichen wir bis 2020 20 Prozent weniger CO2, wenn wir lokale und regionale Maßnahmen ergreifen, schaffen wir 33 Prozent. Für die Lücke von sieben Prozent müssen wir uns anstrengen, aber es ist zu schaffen.

Sie waren neulich in Kopenhagen und haben bei der Vorstellung des "Klimaschutz- und Energieprogramms 2020" voller Begeisterung erzählt, was dort so getan wird …

… ja, das ist sensationell, wenn ich mir angucke, was Kopenhagen da vorhat: Der Anteil des Fahrradverkehrs soll bis 2020 auf 50 Prozent steigen, der Öffentliche Personennahverkehr wird entschlossen ausgebaut, man nutzt Abwärme aus Fäkalien zur Energieerzeugung. Da wird eine ganze Stadt systematisch auf Nachhaltigkeit getrimmt. Da wird Energie- und Umweltpolitik nicht als sektorales Politikfeld betrachtet, das neben allen anderen existiert, sondern ist Teil der Identität der Stadt. Das müssten wir hier auch schaffen.

Und dann haben Sie es - so wie gestern - mit einer Phalanx aus Handelskammer, ADAC und Unternehmerverbänden zu tun, die freie Fahrt für freie Bürger fordern.

Dieses ganz alte Denken, das die Handelskammer hier repräsentiert, erlebt man dort kaum noch.

Schwer vorstellbar, dass Handelskammer und ADAC zustimmen, wenn Sie - in Anlehnung an Kopenhagen - etwa die Martinistraße zur Hälfte für den Fahrradverkehr reservieren würden.

Ja, aber ich bin froh, dass das nicht bremischer Mainstream ist. Die Grundstimmung ist eine andere hier.

Handelskammer oder ADAC sind aber auch nicht irgendwer.

Ach, die spielen mit Klischees. Autofeindlichkeit ist so eins. Das sind Positionen aus den 1980ern. Wenn die so weiter reden, dann glaubt irgendwann wirklich jemand, man käme nach Bremen mit dem Auto gar nicht mehr rein. Um mal in deren Sprache zu reden: Die reden den Standort schlecht. Was wir fordern, ist überall Standard: Umweltzone, Tempo 50 auf innerstädtischen Straßen wie der Kurfürstenallee, Lärmschutzprogramme mit Flüsterasphalt und hier und da auch Tempo 30, weil das effektiv und günstig ist.

Haben Sie eigentlich ein Auto?

Ja, ich verstecke das auch nicht. Aber ich komme mit dem Rad oder der Straßenbahn zur Arbeit. Ich finde, dass man in Bremen ganz gut ohne Auto auskommen kann.

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