Interview: „Ich selber habe immer viel gemacht“ nicht“
■ Ilse Janz, Direktkandidatin der SPD
taz: In Bremerhaven bahnt sich lokal gerade eine große Koalition an. Ist es einfach, unter dieser Voraussetzung jetzt einen Bundestagswahlkampf gegen die CDU zu führen?
Ilse Janz: Ich glaube nicht, daß es hier gleich eine große Koalition geben wird. Wenn CDU und SPD bei einzelnen Entscheidungen zusammenarbeiten, dann wird das noch lange nicht auf Dauer Rot-Schwarz.
Und im Wahlkampf werden Sie nicht nach diesem Widerspruch gefragt?
Nein, überhaupt nicht. Mir sagen sie immer nur alle: 'Oh Gott, die Bremerhavener SPD, ihr streitet Euch ständig, warum soll man Euch denn noch die Stimme geben?' Und ich bin dann froh, wenn sie zumindest merken, daß ich selber immer viel Arbeit gemacht habe.
Sie haben sich aus dem Bremerhavener Sumpf ziemlich raushalten können...
Nein, zu Anfang gar nicht. Ich habe viele Vermittlungsgespräche hinter verschlossenen Türen geführt, und die haben sogar zu Papieren mit Unterschriften geführt...
...die dann am nächsten Morgen gleich wieder zurückgezogen wurden.
Ja, ich habe dann gesehen: Es geht nicht, es hat keinen Sinn. Und deshalb hat es auch keinen Sinn, sich darin aufzureiben.
Das heißt, Sie müssen Ihren Wahlkampf jetzt ohne die Partei führen?
Nein, erstaunlicherweise macht die gesamte Partei Wahlkampf für mich.
Wie haben Sie das geschafft?
Das weiß ich auch nicht. Ich wundere mich auch, aber ich habe offenbar vermitteln können, daß es jetzt in dieser Wahl um niemanden persönlich geht, sondern um die Partei.
Ist Michael Teiser ein ernstzunehmender Konkurrent für Sie?
Er ist Konkurrent. Wie ernst er zu nehmen ist, weiß ich nicht. Denn ich habe bisher, was Bundespolitik angeht, relativ wenig von ihm gehört. Darüber ist hier bisher auch nirgendwo gesprochen worden. Aber ich kenne ihn persönlich ganz gut, und ich denke, daß es eine gute Zusammenarbeit geben wird, wenn wir beide dann in Bonn für Bremerhaven und Bremen-Nord arbeiten können.
Sie führen keine politische Auseinandersetzung mit Herrn Teiser?
Nein, bisher haben wir noch keine Gelegenheit gehabt, im Wahlkampf aufeinander zu treffen. Über Medien kann man die ja nicht richtig führen, da muß man schon zusammensitzen.
Warum passiert das nicht?
Das Interesse an Politik hat bundesweit sehr nachgelassen, das merke ich hier auch. Es hat sich inzwischen in den Köpfen so festgesetzt, daß wir als Politiker Abschaum sind.
Das haben Sie auch persönlich erlebt?
Ja, bis hin zu meiner Putzfrau zu Hause. Die ist nun sehr unpolitisch und hat gesagt: 'Die Politiker sind doch alle korrupt.' Da war ich völlig fertig. Die ist nun jeden Tag bei mir zu Hause.
In Bremen haben Sie sich nach der letzten Bürgerschaftswahl stark für eine rot-grüne Koalition eingesetzt. Tun Sie das in Bonn nach dem 16. Oktober wieder?
Wir reden über Koalitionen, wenn der Wahltag da ist. Aber meine Vorlieben sind hinlänglich bekannt. Wenn es eine Möglichkeit für Rot-Grün gibt, wäre ich dafür.
Nach der Bürgerschaftswahl sind Sie als Landesvorsitzende zurückgetreten – vor allem mit der Begründung, daß Sie Mitverantwortung hatten für das Wahldesaster der Bremer SPD. Haben Sie das Gefühl, daß die Partei diese Erfahrung aufgearbeitet hat?
Ich glaube, daß wir bis heute über die Frage, warum wir damals so hoch verloren haben, nicht genügend diskutiert haben. Und wir haben auch noch nicht genügend Konsequenzen daraus gezogen. Ich versuche das immer wieder anzusprechen, nur es ist oft leichter, über Personalien zu reden als über inhaltliche Fragen, was man falsch gemacht hat.
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