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Interview zur neuen "Sesamstraßen"-Figur"Für Puppen ist nix zu ernst"

Eine Puppenspiel-Therapeutin über eine neue Figur aus der US-"Sesamstraße", die hungernde Kinder repräsentiert, und die Pädagogik des Puppenspiels.

Die Neue aus der Sesamstraße: Hungerpuppe Lily. Bild: Sesame Street
Interview von S. Fischer

Die amerikanische "Sesamstraße" führt in einem Fernsehspecial am 9. Oktober eine neue Figur ein. Lily ist hungrig, weil sie aus einer armen Familie stammt. Die knallpinke Puppe soll den amerikanischen Kindern das Problem des Hungers im eigenen Land bewusst machen – in den USA leben laut einer aktuellen Schätzung des Department of Agriculture 17 Millionen Kinder, die nur einen eingeschränkten oder unsicheren Zugang zu Nahrungsmitteln haben. Pamela Brockmann, 42, ist Puppenspieltherapeutin mit eigener Praxis in Mülheim an der Ruhr.

taz: Frau Brockmann, sieht Lily nicht etwas zu heiter aus?

Pamela Brockmann: Die Figur sieht grundsätzlich nicht nach Hunger aus und könnte auch ein fröhliches Kind darstellen. Hier geht es aber nicht um Therapie, sondern es werden Informationen vermittelt. Das klappt auch über Wörter und Gesten. Der Text kommt von einem Erwachsenen, aber mit der Puppe können sich Kinder besser identifizieren und hören eher zu.

Ist das Thema nicht zu ernst für ein Puppenspiel?

Meiner Ansicht nach ist für das Puppenspiel kein Thema zu ernst. Kinder machen sich viel mehr Gedanken, als wir mitbekommen – auch über Krankheit oder Tod. Es kommt also nicht darauf an, die Kinder vor diesen Themen zu schützen, sondern sie richtig zu vermitteln. Das Optimum wäre, wenn Eltern mit ihren Kindern fernsehen und mit ihnen darüber sprechen.

Bild: privat
Im Interview: 

Pamela Brockmann, 42, ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und ausgebildete Puppenspiel-Therapeutin mit eigener Praxis in Mülheim an der Ruhr.

Warum wird gerade das Puppenspiel moralisch aufgeladen, etwa auch beim Kasperle?

Dazu muss man wissen, dass der Ursprungskasper gar nicht so moralisch war. Der hatte sich auch mit Prügeln gewehrt. Im Laufe der Entwicklung des Puppenspiels hat man aber gemerkt, dass diese Form von Wissensvermittlung sehr erfolgreich ist, weil sie den Kindern Spaß macht. So ist dann unter anderem der Polizeikasper entstanden.

Interessieren sich Kinder, die in der Zeit von 3D-Kinos aufwachsen, überhaupt noch für Puppen im Fernsehen?

Grundsätzlich interessieren sich Kinder immer noch sehr dafür. Mit der Zeit ändern sich natürlich die Art und die Ausstattung des Puppenspiels. So können heute mitunter Figuren auftauchen, die zum Beispiel an Star Wars erinnern.

Aber das sind ja immer noch Figuren. Das Medium bleibt also gleich. Ab einem gewissen Alter, normalerweise ab der Pubertät, ist das Puppenspiel dann natürlich uncool. Meine Erfahrung ist aber, dass auch Figuren, die im Fernsehen dargestellt werden, lange interessant bleiben.

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