piwik no script img

Interview zur Zukunft von Pay-TV"Analog ist tot"

NBC-Universal-Chefin Katharina Behrends freut sich auf die Digitalisierung und glaubt an eine rosige Zukunft von Pay-TV. Denn in der Krise mache sich Unabhängigkeit von Werbung bezahlt.

"Und wo sparen sie als Erstes? Am Programm!" Bild: ap
Interview von Steffen Grimberg

taz: Frau Behrends, Sie propagieren den Siegeszug des Pay-TV, dabei siecht Premiere dahin. Woher der ganze Optimismus?

ZUR PERSON

Katharina Behrends, 42, ist seit 2008 Geschäftsführerin von NBC Universal Global Networks Deutschland, dem deutschen Ableger des US-Medienkonzerns NBC. Seit Verkauf des Free-TV-Senders Das Vierte konzentriert sich NBC Universal in Deutschland jetzt ganz auf seine Pay-Kanäle SciFi Channel, 13th Street, History TV und den Biography Channel. Vor ihrem Job bei NBC arbeitete die Rechtsanwältin unter anderem für Premiere und MTV.

Katharina Behrends: Das Ende der analogen Welt ist absehbar - und wir freuen uns drauf. Denn mit der Digitalisierung wird es noch viel mehr Sender geben. Dann wird es ungleich schwerer für die kleinen Free-TV-Kanäle, ihre heutige Marktlücke unter rund 40 analogen Programmen zu halten. Pay-TV ist da automatisch bessergestellt. Es gibt zudem einen Qualitätsverlust im Free-TV, der uns in die Hände spielt: Weniger Werbeeinnahmen bedeuten immer mehr Wiederholungen und billig gemachtes Schlicht-Programm. Selbst die Öffentlich-Rechtlichen müssen sparen, und wo sparen sie als Erstes? Am Programm!

NBC hat vor einem knappen Jahr seinen Free-TV Kanal Das Vierte verkauft und setzt jetzt ganz auf Pay-TV. Nur weil es nicht ausschließlich auf Werbeeinnahmen angewiesen ist?

Absolut. Eine Finanzierung aus Werbung allein - wie bislang im Free-TV - wird auf Dauer für die wenigsten Sender rentabel sein. RTL und ProSiebenSat.1 sehen das genau so und bauen ihr Pay-Angebot Schritt für Schritt aus. Das Problem für die kleinen Sender wie Das Vierte sind außerdem der schrumpfende Markt - und die damit einhergehenden Rabattschlachten: Wenn wie jetzt in der Krise schon die großen Anbieter ihren Werbekunden rund 50 Prozent Rabatt geben, müssen die kleinen schnell mal 80 Prozent oder mehr bieten, um wenigstens mitzuhalten. Da macht man sich sein eigenes Geschäftsmodell kaputt.

Bis Ihre schöne neue digitale Welt wirklich kommt, dauert es noch. Und alles hofft, dass die TV-Konjunktur bis dahin wieder anspringt.

Die gute alte analoge Welt wird es nie wieder geben: Der Werbemarkt kann sich bis nächstes Jahr noch nicht umfassend erholen. Wenn es dann Ende 2010, Anfang 2011 vielleicht wieder aufwärts geht, wird man längst nicht mehr das frühere Niveau erreichen, weil viel Werbegeld direkt ins Internet fließt. Darauf bereiten sich die Free-TV-Gruppen ja auch schon vor und bauen ihre Online-Plattformen aus.

Aber Premiere ist derzeit doch auch ein Trauerspiel. Pay-TV funktioniert bei uns nicht.

Murdochs News Corporation hat überall - in Australien, Großbritannien, Italien - erfolgreich Pay-TV ausgebaut. Wenn die das nicht in Deutschland schaffen, schafft es keiner. Der Ansatz ist jetzt ja auch ein ganz anderer: Früher war Premiere eher exklusiv und teuer. Jetzt wird Pay-TV für den Massenmarkt positioniert, als Basic-Produkt mit niedrigem Einstiegspreis - und tollen Sendern. Ich bin mir sicher, das wird funktionieren.

Und in zwei, drei Jahren kommt endlich die Digitalisierung und damit die ganz große Kanalvielfalt - Sender für Jugendliche, für Senioren usw.?

Wir denken gerade über das Thema Frauensender nach. Hier sehen wir durchaus eine Nische, wenn man ihn auf den deutschen Markt zuschneidet, ihm ein deutsches Gesicht gibt, etwa mit Eigenproduktionen. Das hat Potenzial - nicht zuletzt, weil dort ein Programm laufen würde, das mich selbst überaus interessiert! Was die Senioren angeht: Ein Sender für 70-Jährige würde keinen Sinn ergeben. Denn den haben wir ja schon - mit den Öffentlich-Rechtlichen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!