Interview mit Solarfirma-Chef Krupke: "AKW-Laufzeiten verlängern"
Für Thomas Krupke, Chef der Solarfirma Solon AG, sind Kohlekraftwerke die schlimmsten Klimakiller. Um diese zu verhindern, setzt er nicht nur auf Solarkraft, sondern auch auf längere AKW-Laufzeiten.
taz: Der chinesische Premierminister Wen Jiabao hat den Industriestaaten vorgeworfen, sie würden nicht genug gegen den Klimawandel tun. Hat er recht?
Thomas Krupke: Ja. Deutschland hat zwar viel erreicht, doch die EU insgesamt und die USA tun zu wenig, um ihren Kohlendioxidausstoß zu verringern.
Warum?
Seit 2006 spielt die globale Erwärmung des Klimas eine große Rolle in der Öffentlichkeit und der Politik. Nach jedem Aufbruch kommt allerdings eine Phase, in der es langsamer geht. Jetzt gibt es Auseinandersetzungen darüber, wer die Kosten tragen soll.
Das 3. Quartal 2008 ist für die Solon AG gut gelaufen, nicht ganz so gut wie das 2. Vierteljahr. Rechnen Sie für 2009 mit einer Rezession?
Wir schreiben weiter schwarze Zahlen. Nächstes Jahr könnte es aber eine Durststrecke geben. Irgendwann werden die Banken jedoch merken, dass sie ohne Kreditgeschäft nicht leben können.
Hinzu kommt, dass Spanien die Förderung für regenerative Energie massiv eingeschränkt hat.
Keiner Firma geht es gut damit, auch Solon nicht. Dieses Jahr macht der Neubau von Solarkraftwerken in Spanien noch ein Drittel des Weltmarktes aus. 2009 könnte der Zubau dort um zwei Drittel sinken. Dieser negative Effekt wird verstärkt durch die Finanzierungsprobleme infolge der Finanzkrise.
Sie sagen: Die Bundesregierung sollte mehr unternehmen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Wo und wie genau?
Das Erneuerbare-Energie-Gesetz sieht vor, dass die Förderung für Solarstrom jedes Jahr um 8 bis 10 Prozent abnimmt. Das ist sehr sportlich.
Dadurch soll die Produktivität der Ökokraftwerke schnell steigen und die finanzielle Belastung sinken, die die Allgemeinheit trägt.
Auch ich will nicht ewig von öffentlicher Förderung leben. Wir haben das Ziel, die Kosten zu senken. Aber man muss darauf achten, was machbar ist. Die Preissteigerung bei Stahl, Kupfer und anderen Vorprodukten schränkt unsere Möglichkeiten stark ein.
Welche Verringerung der Förderung wäre genehm?
Ich nenne keine konkrete Zahl. 10 Prozent Degression pro Jahr sind auf die Dauer aber nicht machbar.
Halten Sie es für sinnvoll, neue Kohlekraftwerke zu bauen - oder sollte Deutschland sowohl auf Atom- als auch auf Kohlekraftwerke verzichten?
Kohlekraftwerke sind der Klimakiller Nummer eins. Deshalb brauchen wir vor allem an dieser Stelle eine Veränderung im Energiemix.
Stellen Sie den Atomausstieg in Frage?
Nein, daran will ich nicht rütteln. Um den Bau neuer Kohlekraftwerke zu verhindern, wäre ich aber bereit, die Laufzeiten moderner Atomkraftwerke zu verlängern. Die alten Anlagen sollte man wie geplant abschalten.
Sind Kohlekraftwerke gefährlicher als Atomkraftwerke?
Grundsätzlich halte ich die Atomenergie für sehr bedenklich. Für eine Übergangszeit erscheint mir eine Verlängerung der Laufzeit jedoch gerechtfertigt, wenn wir so keine neuen Kohlekraftwerke bauen müssen.
Was kann denn die Solarenergie dazu beitragen, Atom- und Kohlestrom überflüssig zu machen?
Bis 2050 könnte 25 Prozent des hier verbrauchten Stroms aus Solarkraftwerken stammen.
Welche Rolle spielt in Ihrer Vision die Sahara?
An die Option der großflächigen Stromproduktion in der Wüste glaube ich nicht. Die Glasflächen der Module sind den Sandstürmen nicht gewachsen. Sie erblinden, und der Ertrag mindert sich drastisch. Auch mit dem Export nach Europa wären Transportherausforderungen und Leitungsverluste verbunden, beispielsweise durch die Übertragung in Hochspannungsleitungen. Es ist viel sinnvoller, Solaranlagen dort zu bauen, wo der Strom gebraucht wird. Dann schafft man auch Arbeitsplätze im eigenen Land.
INTERVEIW: HANNES KOCH
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