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Interview mit Kinderschutzbeauftragtem"Pflicht ist keine Lösung"

Kinderschutz funktioniere nur mit den Eltern, sagt der neue Kinderschutzbeauftragte des Landes, Detlef Kolbow.

Tag der offenen Tür im Bundeskanzleramt, Berlin. Bild: dpa
Interview von Magdalena Schmude

taz: Herr Kolbow, Sie sind der erste Beauftragte für gesundheitlichen Kinder- und Jugendschutz in Berlin. Was sind Ihre Aufgaben?

Detlef Kolbow: Wir bündeln die referatsübergreifenden Themen im Bereich gesundheitlicher Kinderschutz. Auch nach außen können wir dadurch unsere Arbeit besser transportieren und stärker als zuvor in das Berliner Netzwerk Kinderschutz hineinwirken.

Was sind Ihre Ziele?

Wir wollen den Gesundheitszustand der Kinder in Berlin verbessern. Unsere ersten Schwerpunkte liegen dabei auf Mundgesundheit, Bewegung und Ernährung sowie seelischer Gesundheit der Kinder und Jugendlichen. Jedes zweite Kind im Vorschulalter leidet heute an frühkindlicher Karies, da wollen wir etwas tun.

Ein anderes Thema ist sexuelle Gewalt. Von der Zahngesundheit bis hin zur sexuellen Gewalt ist es ein weites Feld. Ist es überhaupt möglich, das komplett abzudecken?

Das ist unser Ziel. Um gegen sexuelle Gewalt vorgehen zu können, haben wir kürzlich das Berliner Netzwerk gegen sexuelle Gewalt auf den Weg gebracht. Vor dem Hintergrund, dass sexualisierte Gewalt alle Altersgruppen jeden Geschlechts betrifft, ist es vor allem wichtig, in ressort- und institutionenübergreifender Arbeit unsere Hilfen und Unterstützungsangebote so früh wie möglich auszurichten. Vor allem Kinder sollen ohne sexuelle Gewalt bei gleichzeitiger Förderung ihrer Gesundheit aufwachsen können.

Sie haben am Berliner Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes mitgearbeitet. War das Gesetz bisher erfolgreich?

Detlef Kolbow

49, war in der Senatsverwaltung für Gesundheit bereits in verschiedenen Funktionen mit Kinderschutz betraut.

Ja, indem es uns gelungen ist, die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen für Kinder zu erhöhen. Durch die Einrichtung des zentralen Einladewesens erreichen wir heute viel mehr Kinder und Familien, zu denen wir früher keinen Zugang hatten. Im Kontakt mit den Familien wird Vertrauen aufgebaut, so dass wir passgenaue Hilfe anbieten können.

Wäre es nicht sinnvoll, Eltern zum Besuch dieser sogenannten U-Untersuchungen zu verpflichten?

Eine gesetzliche Pflicht ist keine Lösung. Meiner Auffassung nach funktioniert Kinderschutz am besten mit den Eltern gemeinsam. Wir wollen Vertrauen schaffen und auf dieser Basis die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in Berlin stärken.

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4 Kommentare

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  • D
    Detlef

    Das ist doch keine Lösung. Gelingender Kinderschutz fuktioniert nur miteinander. Bestrafung erzeugen Gewalt. Detlef

  • D
    Detlef

    Sanktionen helfen nicht weiter. Im übrigen gibt es durchaus gründe, wenn Untersuchungen nicht in Anspruch genommen werden. Eltern befinden sich oftmals in Situationen, die sie überfordern. Deswegen brauchen sie Unterstützung, keine Bestrafung. Was soll die Streichung des Kindergeldes bewirken? Etwa weniger kinderschutzfälle? Im Gegenteil! Kinder sind solchen Situationen meist hilflos ausgeliefert, wenn Eltern durch staatliche Bevormundung erzogen werden sollen. Deswegen reicht es aus, wenn Eltern an die Teilnahme der anstehenden Untersuchung erinnert werden, was in Berlin erfolgreich praktiziert wird. Dies zeigt, daß kinderschutz am besten mit den Eltern funktioniert. ja, ihnen obliegt das Primat der Verantwortung. Der Staat kann ihnen aber helfen, wenn sie dabei überfordert sind. Das ist Verantwortung.

  • S
    saalbert

    "Interview mit Kinderschutzbeauftragten" - "mit", also Dativ: Kinderbeauftragtem.

    Danke! D. Red.

  • E
    eva

    Warum kann nicht beispielsweise der Bezug von Kindergeld an die regelmäßige Wahrnehmung der Voruntersuchungstermine geknüpft werden?

     

    In Österreich zum Beispiel wird das genau so gehandhabt: Ohne Vorsorge kein Kindergeld.

     

    Das würde manches Schlimme verhindern.

     

    Warum soll das in Deutschland nicht funktionieren?

     

    Verantwortungsvolle Eltern nehmen die Termine eh wahr. Und den anderen kann eine Erinnerung nicht schaden.

     

    Warum stellt man die "Freiheitsgefühle" der Eltern, selber über das Kindeswohl zu entscheiden, höher als das Kindeswohl selbst? Das ist absout nicht nachvollziehbar. Und einfach unverantwortlich.