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Interview mit Eon-Betriebsrat"Vom Vorstand verkohlt"

Den angekündgten Stellenabbau bei Eon will der Betriebsratsvorsitzende Hans Prüfer-Geier nicht hinnehmen. Die Energiewende weiter zu bekämpfen, hält er für falsch.

Ein verschönerstes Eon-Logo vor dem AKW Brokdorf. Bild: reuters
Interview von Moritz Schröder

taz: Noch im Februar wurde Eon zu einem der besten Arbeitgeber Deutschland ausgezeichnet. Wie sehen Sie Ihren Arbeitgeber heute?

Hans Prüfer-Geier: Das Unternehmen müsste den Preis zurückgeben. Außer Sparprogramm und Personalabbau hat der Vorstand nicht mehr viel zu bieten. Der Vorstand hat uns angekündigt, den Abbau der 9.000 bis 11.000 Stellen mit aller Macht umzusetzen. 50 bis 60 Prozent davon sollen in Deutschland betroffen sein. Das ist eine deutliche Kampfansage an die Beschäftigten.

Wie haben Sie selbst von den Plänen erfahren?

Vor gut einer Woche aus der Presse. Das hat wohl jemand kolportiert, der noch einen Rest an Gewissen besitzt.

Was heißt das für die Stimmung in der Belegschaft?

Wir befinden uns seit zehn Tagen in einer Schockstarre. Gerade die Kollegen in München können die Überlegungen über die Schließung des dortigen Standortes nicht nachvollziehen. Die Beschäftigten fühlen sich regelrecht verkohlt vom Konzernvorstand in Düsseldorf.

Mit dem Gewinneinbruch rächt sich auch das Festhalten von Eon an der Atomkraft. Wie sollte das Unternehmen jetzt reagieren?

Eon sollte die Energiewende anerkennen und bei dieser Frage stärker mit der Politik zusammenarbeiten. Vor allem in den Bereichen Erneuerbare Energien und dezentrale Energieversorgung sehe ich Ausbaubedarf.

Hans Prüfer-Geier

(52) ist seit 2006 Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der Eon AG. Er kam vor 36 Jahren als kaufmännischer Lehrling in das Energieunternehmen.

Sie sitzen selbst im Eon-Aufsichtsrat. Warum hat die Eon-Führung Sie nicht früher über die Stellenabbau-Pläne informiert?

Wir wissen nicht genau, wie der Vorstand denkt, da der Vorstandsvorsitzende Johannes Teyssen seit Monaten nicht mit dem Betriebsrat redet. Wir hatten ja bereits ein Sparpaket über 1,5 Milliarden Euro vor zwei Jahren. Auch damals hat der Vorstand Beschlüsse verkündet, ohne mit dem Betriebsrat zu sprechen. Deshalb bezeichnet er wohl die jetzigen Informationen nur als Vorüberlegungen. Aber dass der Vorstand das nicht nur plant, sondern auch umsetzen möchte, erklärt sich von selbst.

Wie wirkt sich das Verhalten auf die Unternehmenskultur aus?

Katastrophal.

Wo werden Kollegen von den Sparplänen betroffen sein?

In Hannover will der Vorstand den Plänen nach anscheinend die Abteilungen für Kernkraft, konventionelle Kraftwerke und Wasserkraft fusionieren. Was genau aus dem Standort München und der Konzerntochter Eon Energie wird, wissen wir nicht. Von der Abteilung Ruhrgas in Essen soll nach den Plänen wohl nur eine Hülle übrig bleiben. Wir rechnen damit, dass die Abteilung mit dem Standort Düsseldorf gebündelt werden soll.

Werden dazu auch betriebsbedingte Kündigungen gehören?

Der Vorstand kann in verschiedenen Bereichen solche Kündigungen bis Ende des Jahres 2012 nicht umsetzen. Das haben wir geregelt. Aber er hat auch gesagt, dass er betriebsbedingte Kündigungen prüft. Ich traue denen im Moment wirklich alles zu. Der Beschluss für den Stellenabbau soll noch in diesem Jahr fallen. Der Vorstand will uns anscheinend nicht an dem Prozess beteiligen. Aber die Mitbestimmung werden wir uns einklagen.

Wie wollen Sie auf die Pläne von Eon reagieren?

Wir werden uns jetzt in Ruhe die Halbjahreszahlen anschauen. Dann wollen wir Maßnahmen zum Schutz der Belegschaft ergreifen. Wir haben mit rund 85.000 Mitarbeitern eine große Kraft und die werden wir nutzen.

Was für Maßnahmen könnten das sein?

Da ist alles denkbar. Wir schließen nichts aus. Von Kompromissen mit dem Konzernvorstand sind wir weit entfernt.

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9 Kommentare

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  • R
    rostschnauze

    Es gab einmal eine Zeit, da hörten wir jede Woche die Parole."Wir sind das Volk!"

    Wie wäre es heutzutage mit dem Satz:"Wir sind die Verbraucher!"

    Also, rein in's Internet, Stromauftrag für einen Alternativ-Strom-Anbieter runterladen, ausfüllen, absenden. Wir alle können den Atomstrom-Ausstieg beschleunigen, indem wir den großen Energiekonzernen eine lange Nase drehen und deren Produkt einfach nicht mehr kaufen.

    Das erfreuliche, die Preisunterschiede sind nur noch marginal.

  • M
    MattF

    Natürlich haben Veränderungen Konsequenzen. Wer jemals was anderes geglaubt hat ist weltfremd.

    Ein Arbeitskollege ist z.b. vor 2 Jahren zu einem AKW gewechselt als Kraftwerksfahrer, das Ding steht jetzt still, was nicht heißt dass er arbeitslos ist, die Teile kann man ja nicht so einfach auf der grünen Wiese stehen lassen, nur es war wie schon gesagt seine Entscheidung und die war offensichtlich falsch und ich wäre lieber arbeitslos als in einem AKW zu arbeiten.

     

    Im übrigen haben Kohlekumpel das z.b. in D alles schon hinter sich und die Welt geht trotzdem weiter. Dazu kommt dass es bei eon eine starke Mitbestimmung gibt, die Konzernleitung wird da noch einige Stück Granit aus dem Weg beißen müssen, bist sie tatsächlich in D auch nur 1 Arbeitsplatz abbaut, bzw. sogar betriebsbedingt kündigt.

  • S
    Silke

    Armer Herr Teyssen. Scheinbar hat ihn der Atomausstieg persönlich derart tief getroffen, dass er sich nun am liebsten an der ganzen Welt rächen will. RWE-Chef Jürgen Großmann lässt grüßen...

  • B
    Bobo

    Hier wird der Stellenabbau wg. der Merkel-Volte beim "Ausstieg vom Ausstieg des Ausstiegs" vorgeschoben.

     

    Der Rot/Grüne Atomkonsens war seit 2001 beschlossen; fast 10 Jahre hatte EON Zeit sich strategisch neu auszurichten.

     

    Das erbärmliche Missmanagement durch den Vorstand darf jetzt mal wieder der Arbeiter zahlen.

    Die Boni wurden trotz nichterbrachter Leistungen eingestrichen: Da zeigen sich die wahren Sozialschmarotzer.

  • B
    burroughs

    Und der Betriebsrat ist vom Arbeitsplatzabbau ueberrascht? Atomstrom wird jetzt billig aus Frankreich und Tschechien importiert, ohne Brennelementesteuer, und ohne dass die Betreiber Anlagen abschreiben muessen. Da wird EON, das in den naechsten 10 Jahren ein Viertel seines Kraftwerksparks stillegen darf und Ruecklagen fuer den Rueckbau sammeln muss, waehrend die Schulden gleich bleiben, nicht so einfach mithalten koennen.

     

    Auf der anderen Seite des Spektrums plant der deutsche Solarzellenhersteller Q-Cells gerade die Produktion nach Malaysia zu verlegen, da es dort billiger ist. Von den versprochenen tausenden Jobs in regenerativen Energien werden wohl lediglich die fuer Installation und Wartung wirklich entstehen. Die deutsche Energieversorgung wird 'outgesourct'. Dass so etwas in einer derartig regulierten Branche wie der Energieversorgung passiert, ist das schon eine Klasseleistung der Politk.

     

    Zumindest muessen wir uns keine Sorgen mehr ueber Tsunamis machen.

  • R
    rheinelbe

    Grüne Ideologie hebelt Jobs aus!

     

    Frau Merkel ist auf den überhasteten, sachlich nicht begründeten, grün-ideologischen Atomausstieg eingegangen, um endlich aus dem CDU-Stimmungstief rauszukommen. Wie teuer das für alle Menschen wird, kommt nun scheibchenweise heraus. Manche werden für den Rest ihres Lebens den Arbeitsplatz verlieren und nebst ihren Familien auf Hartz IV angewiesen sein. Die angeblich so vielen "grünen" Arbeitsplätze existieren in der Phantasie von politischen Träumern - ist leider so!

     

    Das uralte Feindbild von den raffgierigen Konzernen sollte einer differenzierteren Analyse endlich weichen. Wenn Betrieben die Luft politisch-ideologisch abgedrückt wird, dann müssen (und werden!) sie so reagieren!

    Wir als Industriestaat brauchen eine sichere und gute Energieversorgung zu akzeptablen Preisen. Anderenfalls ziehen die Betriebe weg. Das macht unsere Lage dann auch nicht sicherer, ganz im Gegenteil!

    Von Biohöfen mit Windrädern allein werden wir auch nicht leben können.

    Und nicht jeder kann im deutschen Beamtentum auf Lebenszeit unterkommen und Steuerzahlergeld kriegen.

  • I
    Ilmtalkelly

    Daß die Manager von e.on in Sachen unternehmerische Weitsicht nur auf die Lobbyarbeit in Berlin gesetzt haben und keine Inovationen brachten, müssen voraussichtlich tausende mit ihrem Job bezahlen.

    Dafür kann man auch kein zerstörtes AKW in Japan zur Begründung hernehmen. Aber was machen, wenn den Verantwortlichen dieses Missmamgment sowiso niemand nachträgt. Herr Teyssen und der Vorstand werden jedenfalls nicht die Verantwortung dafür übernehmen.

  • K
    Öko

    Ist doch gut das dort viele Arbeitsplätze abgebaut werden. Haben die Mitarbeiter verdient, jeder der bei einem Atomkonzern arbeitet (oder auch bei einem Autohersteller) verdient nichts anderes als Verachtung und den Jobverlust!

  • V
    vic

    Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

    Ein Schicksal, das der KFZ-Industrie noch bevor steht.