Interview Verbraucherschutz bei Finanzberatung: "Nicht vom Anzug blenden lassen!"
Finanzberater darf sich jeder nennen. Verbraucherschützer Lars Gatschke erklärt, woran man die seriösen Vertreter dieser Zunft erkennt.
LARS GATSCHKE, 37, ist Jurist und arbeitet als Finanzexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin.
taz: Herr Gatschke, wie erkenne ich, ob mich mein Finanzberater gut berät?
Lars Gatschke: Lassen Sie sich nicht von Anzug und Krawatte blenden! Es gibt ein paar einfache Regeln für seriöse Berater. Erstens: Der Berater fragt Sie als Erstes genau, wie Sie anlegen wollen. Um wie viel Geld geht es? Für wie lange wollen Sie es anlegen? Sind Sie auf Sicherheit bedacht oder risikobereit? Wie ist Ihre berufliche Situation? Nur so kann er seine Empfehlung auf Ihre Bedürfnisse ausrichten. Zweitens: Er drängt Sie nie sofort zur Unterschrift, er lässt Ihnen Bedenkzeit.
Wer darf sich alles Finanzberater nennen?
Theoretisch darf sich jeder Finanzberater nennen, die Berufsbezeichnung ist nicht gesetzlich geschützt. Das Problem: Die meisten Berater arbeiten auf Provisionsbasis. Sie bekommen umso mehr Geld, je mehr Finanzprodukte sie an die Frau oder den Mann bringen. So ist das auch oft bei den Bankberatern. Fragen Sie offen nach! Wenn Sie wissen, welche Fonds für den Berater lukrativ sind, können Sie seine Empfehlungen auch besser einschätzen.
Dann bin ich sicher?
Das natürlich nicht. Am besten suchen Sie - noch bevor Sie zur Bank gehen - einen anbieterunabhängigen Berater auf. Er arbeitet zumeist auf Honorarbasis. Den zahlen Sie zwar auch, wenn Sie die Tipps nicht befolgen. Er ist aber nicht darauf angewiesen, etwas zu verkaufen. Seine Informationen können sich für Sie durchaus lohnen.
Darf ich nur kaufen, was ich auch selber verstanden habe?
Sie müssen nicht alles verstehen. Es kann nicht sein, dass jeder ein Bankexperte wird. Aber Ihren Verstand sollten Sie schon benutzen. Wenn der Vermittler herumeiert, Ihren Fragen ausweicht, dann müssen Sie skeptisch werden. Die Berater wissen viel zu oft selbst nicht, was sie da verkaufen. Dann wird das Risiko unkalkulierbar. Zudem: Hin und Her macht Taschen leer - bei jeder Umschichtung der Geldanlage verdienen die Banken mit.
Und wovon sollte ich auf jeden Fall die Finger lassen?
Je höher das Renditeversprechen, desto riskanter ist die Anlage. Fallen Sie nicht auf Produkte des grauen Kapitalmarkts rein, die Ihnen etwa am Telefon oder per E-Mail angepriesen werden. Betrüger wollen Ihnen da wertlose Steine als Diamanten verkaufen, oder sie versprechen Ihnen dubiose Steuervorteile. Diese grauen Angebote unterliegen nicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Das ist bei den klassischen Angeboten von Banken, Versicherungen und Investmentfondsgesellschaften anders.
Lohnt sich Sparen noch?
Sicher. Damit Sie aber nicht der Dumme sind, verlangen Sie immer ein Beratungsprotokoll. Und gehen Sie am besten mit einem Freund oder einer Freundin zum Finanzberater, dann haben Sie später einen Zeugen, falls etwas schiefgeht mit Ihrem Geld.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos