piwik no script img

Interview: Hubert Grimm„Ungeeignete Bewerber“

■ Der stellvertretende Handelskammer-Chef über Nicht-Ausbildung für Jugendliche

taz: 7000 neue Ausbildungsplätze wollte die Handelskammer schaffen. 5611 sind es bisher. Ist die Lehrstellenkampagne gescheitert?

Hubert Grimm: Nein. Ich bin zuversichtlich, daß wir die angestrebten Plätze noch hinkriegen. Wir fordern gerade die Firmen auf, uns Lehrstellen zu melden, bei denen Azubis abgesprungen sind. Das bringt erfahrungsgemäß 200 Stellen. Und unsere Kampagne geht ja noch bis mindestens Mitte September.

Woran liegt's, wenn auch dann nicht alle Jugendlichen einen Ausbildungsplatz haben?

Viele Stellen werden nicht besetzt, weil die Betriebe meinen, es seien keine geeigneten Bewerber da. Die Jugendlichen haben so unterschiedliche Begabungen und Interessen, daß sich das nicht mit den Jobangeboten deckt. Dazu kommt, daß ein Viertel der Ausbildungsplätze durch Jugendliche aus dem Umland besetzt wird.

Hamburg den Hamburgern?

Das möchten wir nicht. Die Betriebe würden sogar gern noch mehr Stellen mit Bewerbern aus dem Umland besetzen.

Warum?

Weil man bei manchen Hamburger Jugendlichen den Eindruck hat, sie seien nicht so gut wie sie im Zeugnis beurteilt werden. Auch die soziale Kompetenz ist manchmal schwächer als bei Umland-Bewerbern.

Woher wissen Sie das denn?

Das melden uns die Betriebe. Jugendliche aus dem Umland kommen oft aus ländlichen Regionen, von wo sie viel soziale Kompetenz mitbringen. Das kann Hamburg zwar nicht ändern. Aber die allgemeinbildenden Schulen müßten sich mehr damit auseinandersetzen, was die Jugendlichen für die Arbeitswelt brauchen.

Die GAL will Ausgleichszahlungen für nicht-ausbildende Betriebe, die CDU Lohnkostenzuschüsse für Firmen, die junge Sozialhilfeempfänger einstellen. Begeistert Sie das?

Beide Modelle bringen nichts. Sie subventionieren nur ein großes Übel der Ausbildung: die Kosten. In die zu teure Ausbildung Geld zu stecken, damit wieder ausgebildet wird, halte ich für falsch. Fragen: juw

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen