piwik no script img

Internationales LiteraturfestivalLiebe und Schnittchen

GROSSE WORTE (3): Weit über hundert unbekannte Literaturfreunde lasen beim Internationalen Literaturfestival je 15 Minuten aus ihren Lieblingsklassikern

Erst hatte ich mir überlegt, nach Reinickendorf zu fahren, um mir Susanne Hauns Lesung aus ihrem Buch „Mit Tusche zeichnen und kolorieren – Über den Po beim Aktzeichnen“ anzuhören. Der Weg war mir aber zu weit. Mia Belcanis selbst protokollierte Gesprächsmitschnitte interessierten mich auch sehr; die Ortsangabe „Paul-Lincke-Ufer“ war mir aber zu unpräzise.

So landete ich in der Buchhandlungsgalerie Playing with eels in der Urbanstraße. Marina Reuschers Lesung aus Juli Zehs „Spieltrieb“ war gerade zu Ende gegangen. Ein Besucher war gekommen. Nun waren es vielleicht sieben, die Wolfgang Schewe zuhörten, der aus „Antek und Frantek wünschen sich einen Hund“ vorlas. Seine Frau Dörte Schewe hat das schön illustrierte Buch geschrieben, sucht allerdings noch einen Verlag dafür.

Das 12. Literaturfestival Berlin begann um 17 Uhr schon eine Stunde vor dem eigentlichen Start mit einer stadtweiten Lesung. Bei der konnte jeder mitmachen, der Lust hatte, 15 Minuten aus einem beliebigen Buch vorzulesen. Neben Prominenten wie dem Festivalleiter Ulrich Schreiber lasen vor allem weit über hundert unbekannte Literaturfreunde und Autoren in allen Bezirken der Stadt vor allem Klassiker: Michail Bulgakow, Hermann Hesse, Christa Wolf, Kurt Tucholsky und siebenmal aus dem schönen Berlin-Klassiker „Zoo oder Briefe nicht über die Liebe“ von Viktor B. Sklovskij.

Wolfgang Schewe las sehr gut, und es machte Spaß, dem vielleicht sechzigjährigem Mann zuzuhören, dabei daran zu denken, wie sehr man sich als Kind auch einen Hund gewünscht hatte, und sich mit den Schnittchen zu stärken, die das Ehepaar zubereitet hatte.

Die Geschichte spielt in Tschechien. Die beiden Brüder sind ganz unterschiedlich – Antek erzählt vor dem Schlafengehen am liebsten vom Universum und fernen Galaxien, während Frantek von Höhlen fasziniert ist. Da die Zeit zu kurz war, erfuhr man nicht, ob sich der Wunsch der beiden nach einem Hund auch erfüllt.

Nach der Lesung erzählte die Autorin, dass sie ihre Illustratorin Nora Wagner beim Hundeausführen kennengelernt hätte und als Tierkommunikatorin arbeite und dass sie sich darauf verstehe, nicht nur mit Pferden, sondern auch mit Hunden, Katzen und Hasen zu flüstern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!