piwik no script img

Internationaler WährungsfondsEntwicklungsländer stellen Machtfrage

Auf ihrer Jahrestagung spricht der IWF über sein Gerechtigkeitsproblem. Die Lösung wäre ein doppeltes Mehrheitsprinzip - für das sich auch der designierte Chef Strauss-Kahn stark macht.

Unterstützt die Refomer: der designierte IWF-Chef Strauss-Kahn. Bild: rtr

BERLIN taz Wenn sich die Mitgliedstaaten des Internationalen Währungsfonds IWF am Samstag in Washington zu ihrer Jahrestagung treffen, dann werden sie wieder über Macht reden müssen. Bis spätestens 2008 wollen sie die Stimmrechte neu verteilen und an die weltwirtschaftlichen Kräfteverhältnisse anpassen.

Auf der Agenda steht die Suche nach einer neuen Quotenformel. Unstrittig ist, dass auch in Zukunft die Wirtschaftsleistung eines Landes eine wichtige Rolle spielen soll. Die Frage ist bloß: Wie soll man die berechnen? Nach dem bisherigen Modell wird das Bruttoinlandsprodukt nach den marktüblichen Wechselkursraten ermittelt. Das gibt Industrieländern mit starken Währungen ein höheres Gewicht. Die Entwicklungsländer fordern jedoch, die Wirtschaftsleistung nach Kaufkraft zu gewichten. Dann wären ärmere Länder im Vorteil, in denen man wegen der niedrigeren Preise für das gleiche Geld mehr kaufen kann. Im Ergebnis hätten Entwicklungs- und Schwellenländer 9 Prozentpunkte mehr Stimmanteile und kämen auf knapp die Hälfte der Mitsprache.

Verlierer wären die großen Industriestaaten, die bereits ihren Widerstand angekündigt haben. Beobachter glauben daher nicht an eine Lösung des Gerechtigkeitsproblems über die Quotenformel. "Eine grundsätzliche Alternative zur derzeitigen Bestimmung der Stimmrechte ist erforderlich", analysiert die Entwicklungsorganisation Weed in einer aktuellen Studie und fordert ein "System der doppelten Mehrheit". Dann müsste bei jeder Entscheidung zweimal abgestimmt werden: einmal gewichtet nach der Wirtschaftskraft und ein zweites Mal nach dem Prinzip "ein Land, eine Stimme".

Anders als früher stehen die Kritiker mit dieser Forderung nicht mehr alleine da. Sie haben einen prominenten Unterstützer gefunden: den designierten IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. Bei seiner Einführungsrede vor dem IWF-Personal nahm er vor kurzem den Vorschlag der doppelten Mehrheit in sein Reformprogramm auf. Sie sei "der bessere Weg, um sicherzustellen, dass wichtige Entscheidungen mit dem nötigen Konsens getroffen werden".

Die Kritiker applaudieren: "Jetzt müssen wir nur noch aufpassen, dass er das nicht vergisst", sagt Peter Lanzet vom Evangelischen Entwicklungsdienst. Doch entscheiden müssen über den Vorschlag immer noch die Mitgliedstaaten - und die stimmen auch über diese Frage immer noch auf traditionelle Art ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!