piwik no script img

Internationale Lobby für Sanssouci und Sacrow

■ Garten- und Parklandschaft der »Insel Potsdam« zusammen mit dem Kreml und dem Roten Platz in Moskau in die Liste des Weltkulturerbes der Unesco eingetragen/ Denkmalpfleger hoffen nun auf Sponsoren für Lennés Gesamtkunstwerk

Potsdam. Zum 50. Dienstjubiläum des Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné fertigten seine Mitarbeiter einen goldenen Lorbeerkranz. In die Blätter waren die Namen seiner 50 bedeutendsten Werke eingraviert — unter anderem Sanssouci, Sacrow, Glienicke und Babelsberg. Die Ehrung erlebte er nicht mehr — der Kranz wurde seinem Sarg vorangetragen. Jetzt erfuhr Lennés über Jahrzehnte entstandener Anteil an den einzigartigen Garten- und Parklandschaften der »Insel Potsdam« an der Berliner Stadtgrenze eine besondere Ehrung. Gemeinsam mit dem Kreml und dem Roten Platz wurden sie in die Liste des Weltkulturerbes der Unesco eingetragen.

Auf der seit 1978 geführten Liste stehen inzwischen über 300 Gebäude wie zum Beispiel der Aachener Dom oder ganze Ensembles wie die Ruinen von Theben. Für die Denkmalschützer, so betonte Hartmut Dorgerloh vom brandenburgischen Amt für Denkmalpflege, ist die Aufnahme in die Unesco-Liste ein großer Erfolg. Für den Park Sanssouci, den Park Babelsberg in Potsdam an der Stadtgrenze zu Berlin, den Schloßpark Glienicke und die Pfaueninsel in Berlin sowie die Heilandskirche und den sie umgebenden Park in Sacrow bestehe jetzt Hoffnung, denkmalpflegerische Anliegen voranzubringen.

Es wäre ein Auseinanderreißen des Gesamtkunstwerkes gewesen, wäre der ursprüngliche Antrag der damaligen DDR — sie unterzeichnete erst im Dezember 1988 als 108. Staat die Unesco-Konvention zum Schutz des kulturellen Erbes — allein bewilligt worden. Sie wollte nämlich nur die Potsdamer Bauten in die Liste setzen lassen. Die Sacrower Kirche, obwohl in Brandenburg gelegen, wurde nicht in den Antrag einbezogen, weil sie im damaligen Sperrbezirk in unmittelbarer Grenznähe lag. Im Frühjahr des vergangenen Jahres beschloß die Kultusministerkonferenz der Bundesländer, den DDR- Antrag um die westlichen Teile Pfaueninsel und Schloßpark Glienicke zu erweitern. Dabei wurde auch Sacrow mit aufgenommen.

Die Sacrower Heilandskirche war bis zur Öffnung der Mauer nur über die Havel hinweg vom Westen aus zu sehen. Besucher auf der brandenburgen Seite konnten durch den idyllischen Königswald erst gar nicht zur Kirche vordringen. Das italienisch beeinflußte Hauptwerk des Schinkel-Schülers Ludwig Persius begann zu verfallen. Geldmittel aus West- Berlin verhinderten Mitte der 80er Jahre, daß das Gotteshaus buchstäblich im Wasser versank. Die Kirche, umgeben von der Sandwüste des ehemaligen Grenzstreifens, ist heute zu einem Wallfahrtsort für Besucher aus Ost und West geworden. Jetzt müssen mindestens drei bis vier Millionen Mark investiert werden, um sie wieder instand zu setzen.

Von dieser Kirche aus schuf Lenné Sichtachsen über die Havel hinweg zur Pfaueninsel, zum Schloßpark Klein-Glienicke, nach Babelsberg und bis zum Marmorpalais im Neuen Garten zu Potsdam. Im nebenan liegenden Sacrower Park mit wertvollem Baumbestand tummelten sich bis vor kurzem Wachhunde des DDR-Zolls. Ihre Ausbilder residierten im Schloß Sacrow, einem ehemaligen Rittergut. Jetzt ist dort eine Dienststelle des Zollverwaltung der Bundesrepublik untergebracht.

Auch der Park von Schloß Sanssouci, der nach der Regierungszeit Friedrichs II. verwahrloste und erst durch Lenné zu einem Kleinod gestaltet wurde, könnte dringend Sponsoren gebrauchen. In den rund 300 Hektar großen Anlagen werden jährlich rund eine Million Gäste gezählt, nicht nur zur reinen Freude der Verantwortlichen. Die 400 Skulpturen sind vom Verfall bedroht. Ebenso der Babelsberger Schloßpark, hauptsächlich von Lennés Erzrivalen Fürst Pückler gestaltet, bedarf dringend einer Renovierung. Ein größeres Areal war wegen der auch dort früher verlaufenen Sperranlagen dichtgemacht worden — auch die Blickachsen waren somit verbaut. Viele symbolische Brücken könnten jetzt wieder geschlagen werden, so meinen die Denkmalschützer, auch zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg (siehe Kasten). Dorothee Stacke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen