piwik no script img

Interaktives TheaterspielMit dem Tablet durch Berlin

Künstliche Intelligenzen und virtuelle Realitäten begegnen uns immer häufiger. Berlin@Play nutzt sie bei einem interaktiven Theaterspiel.

Mit dem Tablet können Spie­le­r:in­nen in das Theaterspiel eintauchen Foto: dpa

Berlin taz | „Dreh dich um! Hier bin ich! Hier entlang!“ Ich stehe auf dem Platz gegenüber vom Jüdischen Museum und schaue auf mein Tablet. Ich filme meine Umgebung und sehe die künstliche Intelligenz „Zubi“ auf dem Bildschirm herumspringen. Ihre Stimme höre ich über große Kopfhörer, die die normale Geräuschkulisse Berlins fast komplett ausblenden.

Während ich laufe, ernte ich neugierige Blicke anderer Passant*innen. Anscheinend sehe ich doch seltsam aus: so versunken – nicht in ein Smartphone, das wäre ja normal, sondern in ein großes Tablet, dazu mit übergroßen Kopfhörern.

Ich bin gerade Teil eines interaktiven Theaterspiels, bei dem ich vom Tablet geleitet durch Kreuzberg laufe. Die Handlung zunächst recht einfach: Ein Dr. Klamm, Leiter des fiktiven Instituts für Urbanes Design, lädt Bür­ge­r*in­nen zur Vermessung ihrer Stadt ein. So sollen sie am Entwicklungsprozess der Stadt beteiligt werden.

Zurück im Spiel erscheint ein Pfeil auf meinem Bildschirm mit der Anweisung: „150 Meter geradeaus“. Ich gehe los und gelange an einen Park. Ich blicke durch die Kamera des Tablets und sehe, wie sich eine virtuelle Hecke auf dem Bildschirm aufbaut. Es ist ein Labyrinth, Zubi weist mich an, hindurch zu gehen und Münzen zu sammeln.

Schaurige Überwachung

Als ich einen Schritt mache, sehe ich, was gemeint ist: In den Gang des Labyrinths werden Münzen projiziert, die ich sammeln kann, indem ich durch sie durchlaufe. Sehr ähnlich zu einem klassischen Videospiel. Nur dass ich eben in einem echten Park bin. Als ich das Labyrinth verlasse, fragt mich das Spiel: „Hat das Spaß gemacht? Sollte es mehr von solchen Dingen in Berliner Parks geben?“ Ich überlege kurz. Es hat Spaß gemacht: also ja.

Als Dr. Klamm mich fragt, wie ich meine gesammelten Münzen gerne investieren würde, wähle ich die Kategorie Sicherheit. Er schlägt vor, ich könne mich mit dem System von sozialen Bonuspunkten vertraut machen. Alle würden sich sicherlich besser benehmen, würde es für gutes Verhalten Punkte geben und für schlechtes Punktabzug.

Mir schaudert es bei dem Gedanken an so viel Überwachung. Da fragt Dr. Klamm schon wieder: „Willst du die Personen bewerten, die dir eben das Tablet ausgeliehen haben?“ Auf dem Tablet erscheinen zwei Buttons: einer mit einem Daumen nach oben und einer mit einem Daumen nach unten. Ich klicke die positive Bewertung und bin froh, dass es sich hier nur um ein Spiel handelt. Beim Abgeben bin ich froh, dieses Spiel los zu sein. Die Irritation allerdings hat durchaus was.

Noch bis zum 21. 8.: Berlin@Play, feldfünf Pop-up, Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz 9, Ausleihgebühr 8 Euro

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!