Insolvenzverfahren bei Pin AG: Kein Pfennig mehr für Sozialbeiträge
Sieben Tochtergesellschaften der Pin AG melden Insolvenz an. 850 Beschäftigte betroffen. Betrieb geht weiter.
BERLIN taz/afp Sieben Gesellschaften des angeschlagenen Post-Dienstleisters Pin AG haben beim Amtsgericht Köln einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit eingereicht. Dies sei zwingend gewesen, weil die Firmen die am Freitag fälligen Sozialversicherungsbeiträge für ihre Beschäftigten nicht mehr hätte zahlen können, sagte ein Pin-Sprecher. Insolvent sind die Pin-Ableger in Bremen, Fulda, Kassel, Köln, Landshut, München und Trier.
Insgesamt hat Pin in Deutschland 91 Gesellschaften mit insgesamt rund 9.000 Beschäftigten. In den insolventen Firmen arbeiten rund 850 Menschen. Diese sollen nun bis Ende Februar Insolvenzausfallgeld von der Bundesagentur für Arbeit erhalten. "Damit bleiben zwei Monate für die Sanierung", so der Sprecher.
Die privaten Postunternehmen Pin und TNT konkurrieren mit dem früheren Monopolbetrieb Deutsche Post AG. Die Branche genießt derzeit große Aufmerksamkeit, weil ab 1. Januar 2008 eine Untergrenze für den Lohn von Briefsortierern und Postboten gilt. Niemand darf dann weniger als 8 Euro pro Stunde verdienen, haben Bundestag und Bundesrat beschlossen. Wegen dieses zu hohen Mindestlohnes sei das Überleben der Pin AG gefährdet, hat der Springer-Konzern, dem die Mehrheit der Privatpost gehört, mehrmals erklärt. Fakt ist allerdings, dass die Pin auch ohne Mindestlohn tief in den roten Zahlen steckt. Springer hat unlängst beschlossen, kein weiteres Geld für die Pin auszugeben. Der Medienkonzern will das Postunternehmen jetzt loswerden.
Die Pin-Gruppe gehört zu rund 64 Prozent der Axel Springer AG und zu 10 Prozent dem bisherigen Unternehmenschef Günter Thiel. Weitere Anteile halten die Verlage Holtzbrinck, Madsack und WAZ sowie West Mail. Nachdem der alte Pin-Vorstand unter Günther Thiel keine Chancen mehr sah, die Geschäfte erfolgreich weiterzuführen, wird die Firma nun von Rechtsanwalt Horst Piepenburg geleitet. Der will sich bis Mitte Januar einen Überblick über die Situation verschaffen. Für 1.000 der 9.000 Beschäftigten wird unabhängig von aktuellen und künftigen Insolvenzen in jedem Fall Schluss sein. Diese Entlassungen hat der alte Vorstand bereits in die Wege geleitet.
Mittlerweile gebe es erste Anfragen von Investoren, die sich für die Übernahme der Pin AG interessierten, sagte Piepenburg. Darunter seien Interessenten aus der Branche sowie Finanzinvestoren. Er wolle dafür sorgen, dass bereits im Januar Gespräche aufgenommen werden könnten. Piepenburg räumte ein, dass Pin durch die Debatte um das Überleben der Gesellschaft bereits Kunden verloren hat.
Trotz der Insolvenzanträge will der Sanierungsexperte Piepenburg den Geschäftsbetrieb der gesamten Pin-Gruppe uneingeschränkt fortsetzen. Piepenburg sieht die Chancen für eine Rettung der Gesamtgruppe durch die Insolvenzanträge nicht beeinträchtigt. "Das gilt auch für die insolventen Gesellschaften, deren Geschäfte in den nächsten Monaten weiterhin normal ablaufen werden."
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