piwik no script img

Insolvenz der „Frankfurter Rundschau“Kündigungen schon nächste Woche

Bis Ende Februar soll sich die Zukunft der „FR“ entscheiden. Die meisten Mitarbeiter müssen unabhängig davon trotzdem schon mal gehen.

350 „FR“-Mitarbeiter sollen in eine Transfergesellschaft wechseln. Und der Rest? Bild: reuters

FRANKFURT/MAIN taz | In der nächsten Woche entscheidet sich, ob und wie es mit der insolventen Frankfurter Rundschau (FR) weitergeht – das Schicksal vieler Mitarbeiter ist hingegen schon besiegelt. „Noch im Februar werden die meisten FR-Mitarbeiter voraussichtlich eine Kündigung erhalten“, so der Sprecher des Insolvenzverwalters Frank Schmitt. Dies könnte alle der rund 450 Mitarbeiter aus Verlag und Druckerei treffen – bis auf 28 auserwählte Redakteure, die der potenzielle Investor, die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) übernehmen will.

Nachdem die Gläubiger der FR in der letzten Woche ein Angebot des türkischen Medienunternehmers Burak Akbay ablehnten, ist die FAZ derzeit die einzige Bieterin im Rennen um die FR.

Bereits in der vergangenen Woche bekamen laut Betriebsrat der FR über 350 Mitarbeiter ein Angebot zum Wechsel in eine Transfergesellschaft. Das soll den Geschassten für sechs Monate eine soziale Absicherung sowie Fortbildungen bieten. Außerdem hätte das für die FAZ den Vorteil, dass die bereits Gewechselten sich nicht mehr bei einem möglichen Betriebsübergang in eine von der FAZ geführte FR einklagen könnten.

„Schmalspurvariante“, sagt der FR-Betriebsratsvorsitzende Marcel Bathis. „Nachdem wir zum Erhalt des Betriebs auf Gehälter verzichtet haben, fühlen wir uns im Stich gelassen.“ Der Groll vieler Mitarbeiter richtet sich gegen die bisherigen Gesellschafter, die SPD-Medienholding DDVG sowie die Verlagsgruppe DuMont Schauberg.

Sie sollen angeblich zur Finanzierung der Transfergesellschaft bereit sein, würden aber laut Verlagskreisen nur rund die Hälfte der vor der Insolvenz durch eine Patronatserklärung versprochenen 10 Millionen Euro zahlen. „Sie sollen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden und mindestens den Insolvenzsozialplan vorfinanzieren“, sagt Bathis. Das sei aber bereits abgelehnt worden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • N
    Nahum

    Naja, der Kampf gegen Nahtzies lohnt sich eben nicht. Es ist wie der Kampf Don Quichots gegen Windmühlen. Man kämpft angeblich gegen Ungeheuer und man begegnet einem FäkalienRoller, einem Käfer, einem Fetichisten.

  • UV
    Ulla Veith

    Die meines Erachtens fundierteste Hintergrundinformation über das Dilemma bei der Frankfurter Rundschau ein Kommentar von Wolfgang Kessler in Publik-Forum:

     

    Verleger als Versager

    Wie der Pressekonzern DuMont Schauberg und die SPD-Medienholding DDVG ein linksliberales Profilblatt ruinierten.

    http://www.publik-forum.de/Wissen-Ethik/frankfurter-rundschau-verleger-als-versager

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Ulla Veith

  • UV
    Ulla Veith

    Die meines Erachtens fundierteste Hintergrundinformation über das Dilemma bei der Frankfurter Rundschau ein Kommentar von Wolfgang Kessler in Publik-Forum:

     

    Verleger als Versager

    Wie der Pressekonzern DuMont Schauberg und die SPD-Medienholding DDVG ein linksliberales Profilblatt ruinierten.

    http://www.publik-forum.de/Wissen-Ethik/frankfurter-rundschau-verleger-als-versager

  • M
    Malte-Bjoern

    Beruhigendes Ende einer typischen deutschen Redaktion.

     

    Die nächsten zittern schon was mir ein pharisäerhaftes Vergnügen verschafft.

     

    Der Leser entscheidet, wer ihn beformundet muss zusehen wo er bleibt.

  • DN
    Dr. No

    "Das soll den Geschassten für sechs Monate eine soziale Absicherung sowie Fortbildungen bieten."

     

    Fortbildung? Was denn für eine Fortbildung? Zum Quiz-Master? Oder zum Heizungsbauer? Oder etwas BWL? Oder mehr Schwarz-Gelb, anstatt Rot-Grün?

     

    Oder Heizungsbauer? oder "Wie schreibe ich eine Bewerbung?"??

     

    Was für ein Käse.

  • D
    Debaser

    Was hat der Stand der Dinge noch mit einer Zukunft der Frankfurter Rundschau im Sinne einer für das Medium noch verhältnismäßig unabhängigen Tageszeitung zu tun? Wenn die FAZ sich vor dem Untergang der FR noch eine Hand voll FR-Redakteure einkaufen möchte, soll sie das im Sinne bestehender gegenseitiger Interessen unternehmen, aber weder braucht es dafür eine Tauchkugel mit dem FR-Label noch surreale Phantasien über deren Zukunft. Hier geht eines der deutschen Nachkriegsleitmedien unter, schaut zu, lacht oder weint, aber reflektiert darüber auf dem Niveau der gesellschaftlichen Entwicklung, dessen wir einmal mehr als Raubbau an unseren Fundamenten gewahr werden. Keep watching the skies!