Insolvenz der Drogeriemarktkette: 40 Millionen bleiben Familie Schlecker
Die Schlecker-Frauen stehen auf der Straße, der Familie geht es nicht ganz so schlecht. Statt Milliarden bleiben ihr noch einige Millionen. Derweil scheint eine Lösung für Ihr Platz nah.
EHINGEN dapd/dpa | Da muss der Patriarch künftig vielleicht bei den Kindern anklopfen: Dem Handelsblatt (Onlineausgabe) zufolge besitzt die Schlecker-Familie nach der Insolvenz noch 35 bis 40 Millionen Euro Privatvermögen. Das Geld sei zum größten Teil im Besitz der Kinder, sagten ehemalige Manager des Unternehmens dem Blatt. Damit hat die Pleite das Vermögen der Familie extrem abgeschmolzen: 2011 war es noch auf 1,65 Milliarden geschätzt worden – inklusive Unternehmenswert.
Den Millionenbetrag, der noch übrig ist, haben die Schlecker-Kinder Lars (40) und Meike (38) laut der Zeitung mit der Leiharbeitsagentur "Meniar" (Menschen in Arbeit) erwirtschaftet. Das Subunternehmen beschäftigte rund 4.300 Leiharbeiter, die an Schlecker vermittelt wurden. Sie verdienten deutlich weniger als Schlecker-Angestellte.
Ein Großteil des Vermögens hat die Familie ausgegeben, um die Verluste seit 2004 in Höhe von rund 650 Millionen auszugleichen. Der Rest ist Bestandteil der Insolvenzmasse, darunter auch die Sportwagen. Die Villa der Schleckers gehört der Frau des Firmenpatriarchen.
Anton Schlecker hatte das Unternehmen als eingetragener Kaufmann geführt und muss mit seinem gesamten Privatvermögen dafür einstehen. „Die Familie wird sehr genau auf Übertragungen untersucht“, sagte der Sprecher des Insolvenzverwalters, Alexander Güttler.
Familie weigerte sich, finanziellen Beitrag zu leisten
Die Firma LDG von Lars und Meike Schlecker wird ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Nach Informationen der Wirtschaftswoche haben die beiden über das Logistikunternehmen ein Darlehen von insgesamt rund 70 Millionen Euro an die Drogeriekette vergeben. Da das Darlehen dem Vernehmen nach nicht an besondere Sicherheiten gebunden sei, könnten sie nur einen Bruchteil der Summe im Gläubigerverfahren zurückerhalten.
Geiwitz sagte dem Spiegel, noch kurz vor dem Beschluss über die Zerschlagung am Freitag habe er die Familie Schlecker gebeten, einen finanziellen Beitrag zu leisten. Anton Schlecker sei zwar offiziell vermögenslos. „Aber die Familie hat noch Vermögen, und ich habe gefragt, ob sie bereit sei, eine Verlustfinanzierung zu leisten.“ Es sei um sieben bis neun Millionen Euro für den Monat Juni gegangen. Doch die Familie „war entweder nicht bereit oder nicht in der Lage“, diese Summe zu zahlen.
Münchner Finanzinvestor steigt ein
Unterdessen gibt es offenbar bereits Lösungen für die Schlecker-Tochter Ihr Platz und die 342 Schlecker XL-Märkte. Sie werden möglicherweise vom Münchner Finanzinvestor Dubag übernommen, berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung. Dubag habe Ihr Platz bereits gekauft, sagte Ihr-Platz-Insolvenzverwalter Werner Schneider. Der Übernahme müssten allerdings noch die Schlecker-Gläubiger und das zuständige Insolvenzgericht, das Amtsgericht Ulm, zustimmen. Daneben interessiere sich Dubag auch für die XL-Filialen.
Die Schlecker-Zerschlagung wird von der Interessenvertretung „Die Familienunternehmer“ unterstützt. „Die Kunden haben sich gegen einen Einzelhändler und sein Geschäftsmodell entschieden“, sagte Präsident Lutz Goebel. „Das muss die Politik als Marktentscheidung mündiger Verbraucher akzeptieren.“ Die von ver.di-Chef Frank Bsirske geforderte Transfergesellschaft würde nur Arbeitsplätze bei Schlecker-Wettbewerbern kosten, sagte Goebel.
Am Freitag hatte der Gläubigerausschuss die Zerschlagung von Schlecker beschlossen. Die Drogeriekette macht nach dem Ausverkauf von 2.800 Märkten dicht. Die Zahl der betroffenen Mitarbeiterinnen, die noch im Juni gekündigt werden sollen, ging bei der Insolvenzverwaltung auseinander. Geiwitz sprach von 13.762 Mitarbeiterinnen, in der offiziellen Mitteilung war von 13.200 die Rede. Geiwitz-Sprecher Güttler zufolge stammt die erste Zahl aus der letzten offiziellen Prüfung im Unternehmen. Die zweite Zahl stellt die im Juni vermutete Beschäftigtenzahl dar, die sich beispielsweise durch freiwillige Kündigungen immer weiter reduziert.
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