Innensenator verteidigt Kosten: Sicherheit hat ihren Preis
Der Innensenator verteidigt die hohen Einsatzkosten am 1. Mai: Nach der Räumung der Liebig 14 sei die Lage angespannt gewesen, man habe Reserven vorhalten müssen.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat die hohen Kosten für den Polizeieinsatz am diesjährigen 1. Mai gerechtfertigt. Nach der Räumung des Hausprojekts Liebig 14 habe die Polizei ausreichend Kräfte als Reserve vorhalten müssen, weil die linksextreme Szene für den 1. Mai stadtweite Aktionen angekündigt habe.
Körting bestätigte damit am Montag im Innenausschuss einen Bericht der taz, wonach die Kosten für die 1.-Mai-Einsätze 2010 und 2011 bei jeweils rund 5 Millionen Euro lagen und im Vergleich zu den Vorjahren regelrecht explodiert sind. 2006 hatte der 1.-Mai-Einsatz noch 2,9 Millionen Euro gekostet.
Erst auf intensives Betreiben der taz hatte die Polizei die Kosten für die Einsätze der letzten Jahre öffentlich gemacht. Ins Auge springt der Anstieg von 2009 auf 2010. 2009 befanden sich rund 5.800 Beamte im Einsatz, die Gesamtkosten beliefen sich auf 3,2 Millionen Euro. 2010 waren es plötzlich 7.400 Beamte. 2009 kamen 24 Prozent aller eingesetzten Kräfte aus anderen Bundesländern, 2010 waren dies 40 Prozent.
Diesen Sprung begründete Körting am Montag mit den negativen Erfahrungen von 2009. Tatsächlich hatten sich damals die Krawalle wieder zugespitzt. Polizeieinheiten, die eine Tankstelle bewachten, waren aus den Reihen der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration mit Steinen attackiert worden. Später flogen Molotowcocktails auf Beamte. Mit diesen Vorkommnissen begründete Körting die personelle Aufstockung von 5.800 auf 7.400 Beamte am 1. Mai 2010. Zur Kalkulation beigetragen habe, dass 2010 neben den üblichen Demonstrationen ein Großaufmarsch der Neonazis stattfand.
Im Unterschied zu 2010 gab es am 1. Mai 2011 keine Nazidemonstration. Dennoch blieb die Zahl der Einsatzkräfte auf unverändert hohem Niveau. Unmittelbar danach hatte Körting den Verlauf als "so friedlich wie lange nicht" bezeichnet. Kritik an der Personalkalkulation ließ er auch am Montag nicht aufkommen. Wegen der Androhung stadtweiter Aktionen habe er diese Beamten zur "Raumdeckung" vorhalten müssen. Bei so viel Personal müsse es 2012 nicht bleiben. Darüber zu spekulieren sei aber zu früh. Von der These "Ohne Polizei keine Gewalt" halte er nichts. "Dass die Gewalt am 1. Mai rückläufig ist, liegt daran, dass Gewalttätern kein Freiraum gelassen wird."
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, äußerte die Sorge, dass sich die Einsatzkosten "wie eine Spirale immer höher schrauben - ohne drängenden Anlass". Die Abgeordneten der Regierungskoalition verteidigten die Kosten. Um Gewalt zu verhindern, müsse ausreichend Polizei in Reserve gehalten werden, so die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, Marion Seelig. Frank Zimmermann (SPD) bekräftigte: "Wir haben für Sicherheit zu sorgen."
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