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Innensenator verbucht Deeskalations-Erfolg

Die Randale in Kreuzberg am 1. Mai verlief glimpflicher als vielfach erwartet / Über 100 Festnahmen / 3.000 Polizeibeamte im Einsatz / Größere Sachbeschädigungen blieben aus / Ein hoher Anteil türkischer Jugendlicher beteiligte sich an den Auseinandersetzungen  ■  Von Martina Habersetzer

Berlin (taz) - 135 Festnahmen, 232 verletzte Polizisten und diverse leichte bis schwere Blessuren auf seiten der DemonstrantInnen - das ist die Bilanz der diesjährigen Auseinandersetzungen am Abend des 1.Mai im Westberliner Bezirk Kreuzberg.

Das Rote Kreuz sprach von 153 verletzten DemonstrantInnen beziehungsweise PassantInnen, von denen 26 im Krankenhaus behandelt werden mußten. Der Großteil der Festgenommenen ist nach Personalienfeststellung und Anzeigenaufnahme wieder auf freiem Fuß, der Rest - nach Angaben der Polizei „ein gutes Dutzend“ - wurde gestern dem Haftrichter vorgeführt.

Im Gegensatz zum Vorjahr verliefen die Auseinandersetzungen im großen und ganzen relativ glimpflich. Zwar kam es zu Zusammenstößen auf der Straße zwischen Polizei und etwa 500 Angehö rigen der sogenannten autonomen Szene, größere Sachbeschädigungen oder Plünderungen blieben jedoch aus.

Begonnen hatten die Ausschreitungen gegen 20 Uhr in der Nähe des Kreuzberger Görlitzer Parks. Hier hatte zuvor, im Anschluß an die „Revolutionäre 1.-Mai -Demonstration“ ein zwar nicht genehmigtes, aber friedliches Fest stattgefunden.

Bei Anbruch der Dunkelheit wurde die Stimmung zunehmend nervöser: Es kam zu ersten Steinwürfen auf Mannschaftswagen der Polizei, die sich im Laufe des Nachmittags zurückgehalten hatte, nun aber massive Präsenz zeigte. Ein Steinhagel auf eine anliegende Tankstelle, die von der Polizei bereits im Vorfeld mit Absperrgit tern gesichert worden war, bestimmte den weiteren Verlauf des Abends.

Unter Einsatz von Wasserwerfern räumte die Polizei zunächst den nahegelegenen Lausitzer Platz und anschließend unter dem Einsatz von Tränengas auch den Görlitzer Park. Ab 22 Uhr konzentrierte sich das Geschehen auf das Gelände rund um den Görlitzer Bahnhof.

Neben Schaulustigen befanden sich hier etwa 500 zum Teil vermummte Akteure. Etwa die Hälfte von ihnen waren türkische Jugendliche, die in Berlin geboren und aufgewachsen sind. Im Verlaufe des Abends errichteten sie immer wieder Barrikaden aus Baumaterial und bewarfen heranrückende Polizeieinheiten mit Steinen und Brandsätzen.

Die Polizei ihrerseits ging mit Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken gegen die Vermummten, ebenso aber auch gegen die zuschauenden Umstehenden vor. Der Betrieb der U -Bahnlinie1 von Ruhleben nach Kreuzberg wurde bereits gegen 22.30 Uhr eingestellt. Unter massiver Polizeipräsenz - 3.000 Beamte waren an diesem Abend in Kreuzberg im Einsatz dauerten die Auseinandersetzungen noch bis gegen zwei Uhr morgens an.

In einer ersten Stellungnahme bescheinigte die Westberliner Alternative Liste (AL) der Polizei einen Lernprozeß: Ihr Handeln sei über weite Strecken vom Ziel der Deeskalation bestimmt gewesen.

Auch der Westberliner Innensenator Erich Pätzold sprach von einem erfolgreichen Polizeieinsatz, dennoch könne darin seiner Ansicht nach perspektivisch keine Lösung gesehen werden. Als „politisches Signal, das in die künftige Ausländerpolitik mit einfließen müsse“, wertete Pätzold den hohen Anteil an türkischen Jugendlichen, die sich an den Ausschreitungen beteiligt haben.

Die AL dagegen zeigte sich wenig überrascht: „Jetzt schlägt die jahrelange Erduldung von Ausländerfeindlichkeit, die gesellschaftliche Ausgrenzung sowie die Verweigerung demokratischer Rechte zurück“.

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