Innenministerium trifft Facebook und Co.: Skepsis über Selbstverpflichtung
Heute verhandeln Betreiber von sozialen Netzwerken im Innenministerium über den Datenschutz. Bis 2012 soll es einen freiwilligen Kodex geben.
BERLIN taz | Es soll nur die erste von mehreren Runden werden, an deren Ende ein Datenschutzkodex aller sozialen Netzwerke von Facebook bis Xing stehen soll. Doch vor dem ersten Treffen am Mittwochnachmittag im Innenministerium in Berlin herrscht Skepsis, zumindest unter deutschen Datenschützern.
"Ich bezweifle, dass freiwillige Selbstverpflichtungen allein geeignet sind, den Datenschutz bei Facebook, Google und anderen sozialen Netzwerken ausreichend zu sichern", sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar der taz. "Ich sehe den Staat in der Pflicht dafür zu sorgen, dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auch beim Umgang von Unternehmen mit persönlichen Daten geschützt wird."
In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Streit um den Umgang der sozialen Netzwerke mit privaten Daten gegeben. Vor allem Facebook geriet in die Kritik. Viele sehen unter anderem eine neue Gesichtserkennungsfunktion von Facebook als problematisch an; oder auch die Tatsache, dass das soziale Netzwerk die Daten eines Nutzers auch dann weiter speichert, wenn dieser sein Profil längst gelöscht hat.
Anders als von seinem Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) angekündigt, will der als wirtschaftsliberal geltende Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) allerdings erst mal auf "rote Linien" - also neue Gesetze - für mehr Datenschutz im Internet verzichten. Er setzt auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Anbieter von sozialen Netzwerken, die bis zum Frühjahr 2012 vorliegen soll.
So lange will Deutschlands oberster Datenschützer Peter Schaar nicht warten. Er verlangt von Facebook sofort dafür zu sorgen, "dass die Daten der Nutzer, die ihre Accounts aufgeben, tatsächlich auch gelöscht werden und nicht wie bisher gespeichert bleiben". Dazu sei das Unternehmen nämlich schon heute verpflichtet.
In den vergangenen Wochen aber hat Facebook immer wieder betont, dass sein Europa-Sitz in Irland ist. Soll heißen: Deutsche Datenschützer haben uns gar nichts vorzuschreiben. Aber reden kann man ja mal miteinander.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen