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Initiator des bayerischen VolksentscheidsRobin Hood der Nichtraucher

Mit seiner Initiative für einen strikten Schutz von Nichtrauchern hat Sebastian Frankenberger die bayerische Landesregierung düpiert und die Tabaklobby überrumpelt.

Freut sich richtig doll: der oberste Nichtraucher Bayerns Sebastian Frankenberger. Bild: dpa

Sebastian Frankenberger hat ein Demokratiemärchen geschrieben: ein 28-jähriger ehemaliger Theologiestudent und Stadtrat der Ökologisch-Demokratischen Partei in Passau, mit langem, zum Zopf gebundenen schwarzen Haar, der sich sein Geld mit historischen Stadtführungen verdient.

Mit seiner Initiative für einen strikten Schutz von Nichtrauchern hat er die bayerische Landesregierung düpiert und die Tabaklobby überrumpelt. 61 Prozent der bayerischen Wähler haben für ein Rauchverbot ohne Ausnahmen gestimmt.

Frankenberger ist mit diesem Sieg über Nacht eine Art Robin Hood, ein Vorkämpfer der Nichtraucherbewegung in Deutschland geworden. "Ach was. Das ist doch nichts Besonderes. Schön, dass man was bewegen kann. Stolz bin ich darauf, was all die Ehrenamtlichen geleistet haben", sagt er nach dem Rummel der letzten Tage.

Frankenberger glaubt an das Gute und Göttliche im Menschen und scheint einfach nicht sauer zu werden: Die Tabaklobby spendete nach Presseberichten mit über 400.000 Euro zwei Drittel des Budgets für die Gegenkampagne. Seine Initiative mit SPD, Grünen, einigen Sportärzten und Umweltverbänden verfügte über ein Sechstel der Summe. Frankenberger selbst finanzierte seinen monatelangen Kampf, indem er seine Lebensversicherung auflöste.

Nach seinem Sieg könnte er die Gegenseite mit Häme überschütten. Stattdessen dankt er für faire Diskussionen. Obwohl ihn derbe Hassmails erreicht haben. "Liebe Leute, ich habe doch nur Demokratie ermöglicht", schreibt er zurück und schickt den Link für die Anmeldung von Volksbegehren mit. Sein jüngstes Engagement hat ihn vor die Kameras gebracht. Doch er engagiert sich nicht erst seit gestern: Bereits mit 16 saß er im Pfarrgemeinderat, war später stellvertretender Dekanatsratsvorsitzender, engagiert sich in der Jugendarbeit.

Er habe einfach wahnsinnig viel Energie, sagt Frankenberger. Er sei ein Idealist, wolle etwas bewegen. Der 28-Jährige will Volksbegehren fürs ganze Land ermöglichen, zur Not vor dem Bundesverfassungsgericht klagen - schließlich gehe alle Gewalt vom Volke aus. "Als Erstes muss ich aber ein paar Stadtführungen geben", sagt er. Märchen kosten eben Geld.

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6 Kommentare

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  • W
    Warmbronner

    Die Entscheidung finde ich richtig.

    Das heißt noch lange nicht, dass Raucher nicht rauchen dürfen. Nur sollen Nichtraucher eben nicht mitrauchen müssen.

     

    In so einem Fall von Intoleranz zu sprechen, ist nicht angemessen. Die Toleranz ist da. Ich zwinge niemanden, mit dem Rauchen aufzuhören. ich lasse jedem die Freiheit zu rauchen. Ich will nur nicht mitrauchen müssen. (Darüber, dass wir über Subventionen für den Tabakanbau und über das Gesundheitswesen die Raucherei mit finanzieren müssen, will ich gar nicht erst diskutieren.)

     

    Kann man es als Intoleranz bezeichnen, wenn man sich gegen die Nötigung zur Wehr setzt, an der Raucherei teil haben zu müssen?

     

    Wie sieht es aus in Haushalten mit Kindern? Müssten die Kinder nicht eigentlich auch gegen den blauen Dunst geschützt werden? Ist das nicht eine Form der Kindesmisshandlung, sie dem Nikotin auszusetzen? Oh, welche Intoleranz spricht aus diesen meinen Worten!!

     

    Bei soviel Tabakreklame, bei so viel Rauch um mich herum - an der Bushaltestelle, heimlich in der S-Bahn und in Zügen, auf Toiletten und in Telefonhäuschen, bei Vernissagen, in Warteräumen - kann ich mich allerdings glücklich schätzen, dass meine Kinder nicht angefangen haben zu rauchen.

  • FN
    Felix Nagel

    Nicht mal 20 Prozent der in Bayern Wahlberechtigten zwingen das jetzt allen anderen auf. Nur um das mal klar zustellen.

  • PH
    Peter H.

    Ich möchte zukünftig vor Männern mit langen Haaren geschützt werden.

    Langhaarige Männer sollten beim betreten einer Gaststätte ein Haarnetz tragen müssen weil es anderen nicht zumutbar sein kann, die Haare dieser Leute in der Suppe oder im Bier zu haben.

     

    Warum kann man dem Gastwirt nicht selbst überlassen ob in seinen Räumen geraucht werden darf.

    Ein Schild an der Tür "Hier wird geraucht" oder "Hier wird nicht geraucht" dürfte jedem seine Entscheidung leicht machen ob er diese Gaststätte betreten will oder nicht.

  • H
    Hatem

    Robin Hood der Nichtraucher?

    Nee.

    Vorreiter der Intoleranten.

     

    Ich finde es unglaublich, dass man anderen Leuten per Volksentscheid vorschreibt, was sie dürfen und was nicht.

     

    Wenn diese Welle nach Berlin schwappt, fange ich aus Protest wieder an zu rauchen.

  • DS
    Daniel Schaaf

    Mit Nichtraucherschutz hat die Initiative von Herrn Sebastian Frankenberger doch gar nichts zu tun. Kein Mensch muss sich in Deutschland dauerhaft Rauch aussetzen, wenn er das nicht will. Schin heute. Alle öffendlichen Gebäude, Verkehrsmittel, Taxis etc sind rauchfrei. Dazu kommen 85 % aller Kneipen und Restaurants.

    Wenn jedoch auch in den wenigen verbleibenden Wirt, Kellner und Gäste gemeinsam im Winter raus gehen müssen, wenn Sie "eine rauchen" wollen, ist das Diskriminierung.

    Die Menschen sollen erzogen werden, "das Richtige zu tun".

    Robin Hood ist also augenscheinlich der falsche Titel.

    Oberlehrer und Moralapostel passt dann schon besser.

  • F
    Franke

    Sorry aber dieser Typ ist einfach lächerlich.

     

    Er hat ein unterdrückerische und die Gesellschaft spaltendes Gesetz durchgedrückt (mit 22,57% der Wahlberechtigten!).

     

    Wie man ihn so glorifizieren kann, ist nicht nachvollziehbar.

     

    Das bisherige Nichtraucherschutzgesetz in Bayern war streng und ausreichend.

     

    Das neue Gesetz wird eh nicht durchführbar.

     

    Und: Gesetze kann man ja wieder ändern. Warten wir mal 1-2 Jahre, wenn die Folgen dieses Wahns deutlich werden.