: Initiativen klagen gegen Schönefeld
■ Mehrere Bürgerinitiativen drohen nach der Entscheidung für einen Großflughafen in Schönefeld mit dem Gericht
Die Planer des Großflughafens Berlin-Brandenburg in Schönefeld müssen sich auf eine Reihe von Klagen gefaßt machen – und Tegel wird in absehbarer Zukunft nicht geschlossen. Das sind die Konsequenzen der gestrigen Vorentscheidung für Schönefeld.
Postwendend kündigte der „Bürgerverein Brandenburg-Berlin e.V.“ (BVBB) eine Klage gegen den Ausbau an, die „Bürgerbewegung Berlin-Brandenburg e.V.“ (BBB) will ihre Klagen gegen die Betriebsgenehmigung für Schönefeld verstärkt fortsetzen. Und auch die „Bürgerinitiative gegen das Luftkreuz“ will die gerichtliche Auseinandersetzung um Tegel weiter betreiben. Denn ob und wann der innerstädtische Flughafen Tegel geschlossen wird, ist nach der neuen Beschlußlage weiter unklar: Da Tegel erst geschlossen werden soll, wenn die zweite Start- und Landebahn in Schönefeld gebaut ist, werden gerade langwierige juristische Auseinandersetzungen über diesen Ausbau von Schönefeld das Leben von Tegel verlängern.
Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU), Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) haben sich gestern auf Schönefeld geeinigt. Gegen das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der Abfertigungsterminals und den Bau einer zweiten Start- und Landebahn will der BVBB klagen, erkärte der Vorsitzende des Vereins, Manfred Baum: „Schönefeld bleibt ein Provinzflughafen, denn das Raumordnungsverfahren läßt keinen Großflughafen zu.“
Außerdem würden Klagen gegen die Umsiedlung mehrerer Dörfer und Hunderter von Menschen vorbereitet. Schließlich werde man vor den Gerichten die bereits „unerträgliche Lärmbelastung durch Nachtflüge“ angreifen. Auch Walter Kaczmarczyk von der BBB wies darauf hin, daß sein Verein bereits seit über zwei Jahren gegen die Betriebsgenehmigung für Schönefeld klage. Der Widerstand werde wachsen, denn immerhin werde mit der Umsiedlung von fünf Dörfern ein „fünffaches Horno“ entschieden.
Im Gegensatz zum Flughafen Tempelhof, der laut Übereinkunft etwa 1999 seine Pforten schließen soll, ist ein genaues Betriebsende für Tegel nicht vereinbart worden. Allerdings solle spätenstens mit der Inbetriebnahme der zweiten Start- und Landebahn in Schönefeld Tegel nach der Jahrtausendwende geschlossen werden, hieß es. Als „kleineres Übel“ bezeichnete der Berliner SPD-Vorsitzende Detlef Dzembritzki diese Entscheidung. Zwar sei das Risiko von Klagen gegen Schönefeld groß, doch eine Entscheidung sei notwendig gewesen und zu rechtfertigen, wenn später alle anderen Flughäfen geschlossen werden.
Daran allerdings gibt es Zweifel. Ein „Single-Airport“ für die gesamte Region sei juristisch gar nicht möglich, meinte Manfred Baum vom BBB. Auch für den Verkehrsexperten der bündnisgrünen Fraktion, Michael Cramer, bedeutete die gestrige Entscheidung „faktisch auf Dauer zwei Flughäfen in der Region zu betreiben“. Damit habe sich die „SPD abermals dem Diktat von Diepgen gebeugt“. Der Berliner Fraktionschef der CDU, Klaus Landowsky, will sich von Tegel gar nicht verabschieden. Bernhard Pötter
Siehe Bericht auf Seite 6
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