Initiative "4C": Mehr Geld für Kaffeebohnen
Kaffeebauern haben wenig von den steigenden Preisen - eine Initiative will das ändern.
BERLIN taz Was an den Börsen geschieht, geht an Luciano Ramirez vorüber. Er pflückt Kaffeekirschen, verkauft sie an einer Sammelstelle nahe seiner Finca in Guatemala, pflückt weiter und verkauft wieder. Dass Kaffee weltweit teurer geworden ist, hat er nicht mitbekommen: Mehr als 130 US-Cents kostet im Tagesschnitt derzeit ein Pfund der Kaffeesorte Arabica an den Rohstoffmärkten - der Preis klettert seit Monaten. "Wir wissen, dass es Preisschwankungen gibt", sagt Ramirez. "Aber von den Gewinnspannen sind wir Pflücker hier auf der Finca ausgenommen."
Das soll sich ändern: "Bei den Produzenten soll künftig mehr ankommen", sagt Carsten Schmitz-Hoffmann. Er ist Agrarexperte der deutschen Entwicklungsorganisation GTZ und koordiniert die neue Kaffee-Initiative "4C" - Common Code for the Coffee Community. Den juristisch nicht bindenden Kodex erarbeiteten Kaffeehändler, Röster, Produzentenvertreter, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften gemeinsam, darunter Kraft, Nestlé, Tchibo und Sara Lee, Oxfam und die Rainforest Alliance.
Das Ziel: mehr Transparenz. Oft versande schlichtweg "enorm viel Geld" in der Lieferkette, sagt Schmitz-Hoffmann. Abläufe könnten optimiert werden, das reiche von Wassersparen über den gezielteren Einsatz von Pestiziden oder den besseren Transport des Kaffees. Der Weg der Kaffeekirschen und Bohnen wird künftig stärker überprüft - ab Oktober sollen das 3,5 Prozent des weltweiten Handelsvolumens sein, 4,4 Millionen Sack zu je 60 Kilogramm. Bis 2015 soll laut Schmitz-Hoffmann die Hälfte rückverfolgt werden. "Das wirkt sich auf die Qualität aus", meint Tchibo-Sprecher Peter Nebel.
Denn wenn Produzenten zu wenig Geld zum Leben haben, bleibt schon gar keins für die Pflege der Kaffeepflanzen. Das bekamen die Konzerne zu spüren. 2001 fielen die Preise in den Keller: Vietnam hatte damit begonnen, Kaffee zu produzieren, das Angebot auf dem Weltmarkt stieg. Viele Bauern, vor allem in Lateinamerika, gaben den Anbau auf. Während Pflücker wie Ramirez nicht wussten, wie sie weiterleben sollten, beklagten Kaffeeunternehmen den Qualitätsverlust. "Aus dieser Situation heraus entstand die 4-C-Inititative", sagt Schmitz-Hoffmann.
Inzwischen ist von einem Überangebot keine Rede mehr, die Lager sind auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten, die Preise hoch. "Preisschwankungen sollen sich aber künftig auf Produzenten nicht mehr so stark auswirken", erklärt der 4-C-Koordinator. Das bezweifeln Organisationen wie Fairtrade und Naturland, die mit eigenen Siegeln Mindestpreise und eine umweltgerechte Produktion garantieren. "4-C ist besser als gar nichts", meint Manfred Fürst von Naturland. "Es scheint aber vor allem darum zu gehen, die größten Ausrutscher zu vermeiden, intensive Urwaldrodung oder besonders gefährliche Chemikalien." Verbesserungen würden eben eine Weile dauern, sagt Tchibo-Sprecher Nebel. "Von heute auf morgen kann man da nichts machen."
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