: In rechtlicher Grauzone
■ Kritik am Umzug der Abschiebehaft
Leiden die beiden Senatoren für Justiz und Inneres an „mangelndem Unrechtbewußtsein“? Diese Frage stellt der Personalrat der Justizvollzugsanstalt. Grund: der zum Jahresende geplante Umzug der Abschiebehaft in die JVA Blockland. „Aus unserer Sicht“, erklärt der Personalrat, „ist es zumindest eine Rechtsunempfindlichkeit, wenn Abschiebehäftlinge und Polizeiarrestanten in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht werden sollen.“
Tatsächlich ist es rechtlich äußerst umstritten, Straftäter und Abschiebehäftlinge gemeinsam unterzubringen. Vor wenigen Tagen erst (siehe taz vom 18. und 19.7) entschied das Verwaltungsgericht Greifswald im Einzelfall eines ägyptischen Asylbewerbers, daß dafür „keine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Rechtsgrundlage ersichtlich ist“ und ordnete die sofortige Entlassung des Abschiebehäftlings an.
„Das gilt für Bremen nicht“, kommentiert Merve Pagenhardt, persönliche Referentin des Innensenators, das Urteil. Dabei kann sie sich darauf berufen, daß es kein für alle Länder verbindliches Abschiebevollzugsgesetz gibt.
„Hier wird auf dem Rücken derjenigen, die keine Lobby haben, der bequemste Weg eingeschlagen und das Recht großzügig ausgelegt“, bezieht der Personalrat Justiz Position für die Flüchtlinge. „Alles ist besser als die Ostertorwache“, hält das Inneneressort dagegen. So sehen es auch die Grünen: Der Umzug ins Blockland, bedauert Karoline Linnert aus dem Fraktionsvorstand, sei die einzige Alternative, um die miesen Bedingungen in der Ostertorwache, die schon 1994 vom Landgericht als „menschenunwürdig“ bezeichnet wurden und fünf Siuzidversuche allein in den vergangenen drei Wochen mitverschuldeten, schnellstmöglich zu beenden. Karoline Linnert findet allerdings die vom Personalrat Justiz vorgebrachte Kritik berechtigt und denkt, daß im Blockland eine Trennung der Abschiebehaft vom Polizeigewahrsam möglich sein müßte.
Vorgesehen ist die bisher nicht. Klar ist nur, daß die Flüchtlinge in dem räumlich isolierten Freigängerhaus keinen Kontakt zu Strafhäftlingen haben werden. Die 18 Zellen sind für 12 oder mehr Flüchtlinge einerseits und „Polizeiarrestanten“ andererseits geplant.
Das, gibt Merve Pagenhardt zu bedenken, sei ohnehin nur ein Übergangsproblem. Der Umzug der Polizei in die Kaserne Vahr ändere die Situation wieder. Genau deshalb aber fragt der Personalrat, ob es richtig ist, daß „für eine Übergangslösung fast eine halbe Million Mark für Umbaumaßnahmen ausgegeben wird, und diese halbe Million nochmals ausgegeben werden muß, wenn die Übergangslösung beendet wird“? dah
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