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■ In einem Trainingszentrum bei Beijing wird Europäern chinesische Tischtenniskunst vermittelt / Harte Arbeit und herbe Niederlagen für 40 Dollar pro Tag
Aus Beijing Wolfgang Gartmann
Die größte Krise liegt nicht in der Tischtennis– Technik, sondern darin, daß es in China an Nachwuchskräften mangelt“, so lautete kurz vor Beginn der Tischtennis–Weltmeisterschaften im letzten Februar der besorgte Kommentar eines chinesischen Trainers. Und auch die einheimischen Medien überschlugen sich in Katastrophenmeldungen über den Niedergang dieser Sportart und dem damit drohenden Verlust der internationalen Spitzenstellung. Als dann, wie gewohnt, die chinesischen Männer und Frauen in großer Gemütsruhe doch einen Titel nach dem anderen abräumten, sah die Welt schon wieder anders aus. Hier das Reich der Mitte, dort der Rest der Welt als Statisterie. Und inzwischen ist man hier auch wieder selbstbewußt genug, mit dem „Beijing International Table Tennis Training Centre“ den Statisten Entwicklungshilfe anzubieten. Maria Pettersson, 18 Jahre jung und Zweite der schwedischen Juniorenrangliste, läßt ihrer Enttäuschung und ihren Tränen freien Lauf. Hat sie doch gerade im Training gegen ihren chinesischen Coach 21:1 verloren. Da heißt es noch hart arbeiten, wenn sie ihr Ziel erreichen will, möglichst bald zu den fünf besten europäischen Spielerinnen zu zählen. Die harte Arbeit kann sie hier durchaus lernen. Um 6.30 Uhr heißt es „Aufstehen“, und täglich wird mindestens vier Stunden trainiert und eine Stunde theoretisch gearbeitet unter Anleitung von chinesischen Spitzentrainern. In Kürze soll auch Zhuang Zedong, früherer dreimaliger Weltmeister bei den Männern, Trainer an dieser Schule werden. Das Tischtennis–Zentrum befindet sich im Xisanqi–Hotel, 20 Kilometer nordwestlich von Beijing, und öffnete im März seine Pforten. Der Tagessatz für Training und Unterkunft beläuft sich auf 40 US–Dollar. Für Maria Pettersson und ihren schwedischen Trainer Anders Svensson zahlt eine große schwedische Hamburger–Firma alle Kosten. Natürlich soll das Zentrum nicht nur ein Schaufenster zur Demonstration chinesischer Tischtennis–Perfektion sein, sondern vor allem durch möglichst gute Auslastung Devisen und damit Profite bringen. Auf die Frage, ob denn nicht durch dieses Zentrum die (europäischen) Tischtennis–Lehrlinge von heute hier alle Tricks lernen können und so die Sieger von morgen werden, antwortet Wang Dayong, Trainer und Leiter des Zentrums, selbstbewußt: „Wir haben keine Angst davor, von anderen geschlagen zu werden. Ohne Rückschläge kein Fortschritt“.
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