piwik no script img

In der Republik der ComebacksDie Jo-Jo-Politiker

Gysi, Schäuble, Scholz, Özdemir - sie alle fielen und dann ging es wieder nach oben. Wie das Comeback in der Politik funktioniert - und warum es gut ist.

Bei Guttenberg verschmolzen Rücktritt und Comeback-Debatte. Kehrt er zurück? Bild: dapd

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • S
    Steffi

    Dass sich all diese unterschiedlichen Fälle anhand desselben Ablaufes beschreiben lassen, ist doch unglaublich erschreckend:

     

    Leutheuser-Schnarrenberger und Lafontaine zum Beispiel sind von sich aus zurückgetreten, weil sie ein Weitermachen mit ihren Überzeugungen nicht hätten in Einklang bringen können.

    Verlieren heißt nur dann nicht Scheitern, wenn man inhaltlich recht hatte (ob das später eine Mehrheit einsieht oder nicht.)

     

    Wenn jemand aber unglaubwürdig, skandalös oder gar kriminell geworde ist und reibungslos zurückkehren kann, dann beweist das weniger die der Demokratie inhärente Recht auf eine zweite Chance (obwohl u.a. auch das);

    es beweist vielmehr, dass die Wähler locker so sehr auf Inhalte scheißen wie die angeblich so käuflichen Politiker.

    Was zählt, ist nur die Stimmung des Tages; keine Inhalte.

  • H
    Hasso

    Ob sie wiederkommen oder bleiben-, es ist beides ohne Bedeutung.Die Wirtschaft bestimmt die Politik und die Politik ist nur noch ein notwendiges Übel, das von jedem Amateur ausgeführt werden könnte.Nach oben ducken und nach unten treten, zeugt nicht von Kraft, sondern von Ohnmacht.Seit die Parteispenden der Konzerne und Banken die Politik bestimmen, hängt die Politik am Tropf dieser Magnaten. Und darum geht auch nichts mehr mit rechten Dingen zu.

  • TW
    Thomas Wöhlke

    Der VfL Bochum ist ein lokalpatriotisches Massenphänomen in Bochum: Die zweite Liga deshalb so oft frequentiert, weil die Menschen in Bochum so gerne Feiern. Und nichts ist schöner als jede zweite Saison eine Aufstiegsfeier. Da hat man das Gefühl es geht mal was aufwärts. Das Gefühl ist in Deutschland ja in den letzten zehn Jahren etwas abhanden gekommen. Guttenberg hat ja durch die Causa Guttenberg und das Plagiaten Wiki doch noch einen erheblichen Unterhaltungswert erhalten. Leider ist der Anlaß ein trauriger, aber erst seit den jüngeren Demonstationen, die in der Presse leider oft zu kurzsichtig als reine Atompolitik gesehen werden, entsteht doch bei vielen Menschen ein Silberstreif der Hoffnung am Himmel, bessere Zeiten könnten anbrechen... Guttenberg ist jedenfalls als Politiker auch jemand, der gerade durch seine spezielle Popularität in Zusammenhang mit speziellen Politischen Themen wie Bundeswehr ein unheimliches Unbehagen auslöst. Ich habe Angst vor dem, was dieser Mensch als Politiker anrichtet oder wem oder was er den Weg ebnen würde. Ich mag Feudalismus nicht. Die Großkonzerne und so manche Behörden haben trotz Gesetze und demokratische Verfassung sich jeweils zu einem quasi Fürstentum entwickelt, gegen das man als Bürger fast machtlos ist, und falls man mal gewinnt fressen sie einem Lebenszeit und viel Geld und ein Stück Lebensgrundlage. Die Rückkehr in eine Gesellschaft von Leibeigenen und Quasi Fürsten ist nicht etwas, das ich ertragen könnte. Vergleiche ich die Politik, die Guttenberg gemacht hat mit seinem Hintergrund des Adels, dann habe ich Bauchweh und Bedenken. Wenn er wieder kommt, müssen mündige Bürger diesen Politiker und Menschen im Auge behalten. Einen zweiten Hindenburg können und wollen wir uns nicht leisten.

  • VR
    Volker Rockel

    Parteien haben diese unsere Demokratie als Besitzstand begriffen und - quer durch alle Parteien - haben sich Interessen- und Karrierekartelle gebildet, die die Pfründe diese Besitzstandsanspruchs unter sich aufteilen!

     

     

    Die Parteibasen sind in vielen Parteien mehr oder weniger nur noch schmückendes Beiwerk.- In den Parteien haben sich (Sub-)Organisationen herausgebildet, die den Besitzstandsgedanken geradezu verinnerlicht haben: Politische Funktionen werden mit parteilichen Funktionen verknüpft,- es begegnet einem kaum mehr ein Funktionsträger in den Spitzengremien einer Partei, der nicht gleichzeitig auch ein politisches Mandat oder Amt inne hat. Und es fällt überhaupt schwer in den Spitzengremien einer Partei noch Personen auszumachen, die sich nicht gleichfalls wieder in einem politischen Spitzenamt (oder zumindest ausgestattet mit einem politischem Mandat!) sehen wollen!- Umgekehrt ist man überrascht, wie viele Delegierte auf Bundesparteitagen gleichzeitig auch politische Ämter inne haben.

     

    Und diese Betrachtungsweise läßt sich beliebig von der Bundesebene auf die Länderebene von Parteien übertragen!- Mithin entstehen offensichtlich zunehmend Vernetzungen in Parteien, die immer weniger von dem Gedanken parteidienlichem Handeln getragen sind, als von der Frage, wie sich die persönliche Interessenlagen von bestimmten Personenkreisen mit parteilichem Handeln in Übereinstimmung bringen lassen.

     

     

    Und mit Verblüffung stellt man dann fest, dass die, die weder durch politische Können noch durch Charakter in der Vergangenheit überzeugen konnten, wieder in Parteiämtern hochgespült werden und, nach kurzer Verweildauer, sich auch schon wieder in irgendwelchen politischen Ämtern wiederfinden.

     

    Das Problem – was sich aus meiner Sicht – inzwischen deutlich aufzeigt ist, dass es scheinbar Abhängigkeiten gibt zwischen der Zugehörigkeit zu dem Inneren Zirkel von Interessen- und Karrierekartellen und dem Grad der politischen Befähigung, den man eigentlich als Bürger von „sogenannten Politkern“ erwarten dürfen müßte!

     

    Denn offensichtlich scheint die Existenz von Interessen- und Karrierekartellen dazu zu führen, dass der Anspruch an politischem Können und Charakter des Einzelnen, den kollektivem Interesse von Interessen- und Karrierekartellen geopfert wird!?

     

    Und so tauchen in der Politik nicht nur immer wieder Personen auf bei denen man erhebliche Zweifel hat, ob sie überhaupt die Bezeichnung „Politiker“ verdienen;- sondern es tauchen auch immer wieder die auf, die als Politiker – ob ihres nicht ausreichenden politischen Könnens oder charakterlichen Schwächen, sei mal dahingestellt – hinlänglich versagt haben.

     

     

    „Eine Demokratie ist nur so stark, wie sie sich die Fähigkeit bewahrt, sich immer wieder zu Erneuern!“.- Im Moment hat diese unsere Demokratie zunehmend das Problem, dass sie sich in eine Abhängigkeit von Politikern stellt, die mit der Aufgabe hinlänglich überfordert erscheinen.- Darf man dieser Entwicklung als Bürger eigentlich schweigend gegenüberstehen?

  • V
    vic

    Kanzler Guttenberg?

    Hey, mit sowas spaßt man nicht;)

  • G
    Guenterkastenfrosch

    Der Artikel klingt sehr nach "cooler" Beliebigkeit.

    Sicher sind auch im wirklichen Leben die Menschen die interessantesten, die viele Krisen bewältigt haben und so zu Reife und Erfahrungen gelangt sind. Und sicher soll unbedingt jeder, der Fehler gemacht hat, Chancen zur Besserung erhalten. Allerdings sollte man bei Amtspersonen m.E. schon genauer hinsehen, wer da wie "gefallen" ist und wieder emporkommt. Immerhin müssten solche Leute auch heute noch zuallererst einmal völlig integer sein. Das kann ich nicht erkennen, wenn jemand wie Guttenberg nach Belieben die Wahrheit "biegt", wenn ein Henry Kissinger (der nicht mal richtig "weg" war) einer der Hauptverantwortlichen für den Vietnamkrieg und andere Abscheulichkeiten ist, wenn verschiedene der Damen und Herren über Bestechung oder Lobbyismus gestolpert sind. Dann können solche Leute (bei Gesetzesverstößen freilich erst nach einer gerechten Bestrafung) meinetwegen gern ein geruhsames Leben führen, aber bitte nicht wieder ein wichtiges Amt bekleiden. Denn wer garantiert denn, dass es dort mit Lügen, Bestechung, Bereicherung oder Kriegstreiberei nicht weiter geht ? Die immer weiter um sich greifende moralisch-ethische Anspruchslosigkeit kann hier kein Massstab sein.

  • MD
    maria daubenbuechel

    da wird über "ungelegte eier " geredet,ich denke,es gibt nun wirklich wichtigere themen

  • HS
    Hans Siekmann

    Achtung! Es ist doch ein Armutszeugnis, ein Beweis für fehlendes emotionales Bewusstsein, wenn jemand, auch ein Politiker gar keine eigene Meinung hat. So lange der Politiker von "man" und "der Wähler", "die bürger" usw redet, ACHTUNG, das ist "mind-fuck".

    Schau: Stell eine Behauptung auf und dann anschliessend begründe sie. das kannst du mit jedem Unfug machen. merkste was? Es fehlt ein Ziel, keine Idiologie, nein, ein spirituelles ziel, denn letztlich ist alles spirituell. Wir sind Eins mit allen Wesen und auch mit jedweder Materie.

    Also, was für ein "Ticker" ist ein Politiker, der keine eigene Meinung hat und dafür dann gewählt wird? der Poliitker ist nicht dazu da, uns die meinungsfreiheit abzunehmen und dafür ordentlich zu kassieren. WOFÜR STEHT WER EIN???

    Schau mal genau hin, da bleiben ganz ganz wenige über. Danke.

  • R
    Robert

    Nicht nur die politische Klasse dieses Landes watet schon seit langem im Sumpf des Zynismus'. Berufszyniker wie H.Schmidt, St.Raab,... kassieren völlig akzeptiert Millionengehälter.

     

    Es fällt auf, wenn sich eine® diesem alltäglichen Zynismus verweigert. Und Ernst macht mit Moral und Anstand. "Was ist das denn nun wieder?", wird mancher fragen. Doch, doch, sowas gibt es. Eigenartigerweise immer noch. Nur warum eigentlich?

     

    Diese Gesellschaft sollte sich wirklich sehr dringend mal die Frage stellen, warum Adenauers skandalöser Satz "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern." umstandslos, wie auch dieser Artikel beweist, als große Überschrift für das verantwortungslose Tun und Lassen in diesem Land herhalten kann. Im Windschatten dieser "geadelten" Verlogenheit gibt es aus sicher sehr verständlichen Gründen ein riesengroßes Gedrängel. Aber es sind fast immer die falschen Gründe. Das eigene, erst recht das eigene willentlich exponierte Handeln muß Folgen haben. Und zwar ebenfalls exponierte. Die Stasi-Mitarbeiter könnten genauer darüber Auskunft geben.

     

    Unser Geschwätz von gestern MUSS uns interessieren. Sonst bleibt nämlich auch unsere Rede von heute nichts anderes als Geschwätz. Allerdings, da gebe ich ihnen recht, Herr Löwisch, so sieht unser Alltag dann eben auch aus. Damit allerdings auch unsere Zukunft.

     

    Man muß es sich mal in aller Ruhe anschauen:Horst Seehofer (Wofür steht er?) fordert eine Rückkehr von Herrn von und zu Guttenberg (Wofür stand und steht er?) in die große Politik.

     

    Und die taz applaudiert. Kann man natürlich machen. Wie, siehe der Adenauer-Satz, man heutzutage alles machen kann.

     

    Was ist gleich nochmal Ostern geschehen?

  • R
    rugero

    Derzeit bemüht sich der Herr zu Guttenberg noch, seinen Skandal am Kochen zu halten. Er muß noch lernen ein Comeback vorzubereiten.

  • MB
    machtloser Bürger

    Meiner Ansicht nach ist die "(Un)Kultur des Comebacks" der Ausdruck eines prinzipiellen Mangels in der repräsentativen Demokratie: Sie bildet eine Politikerkaste aus, in der nur der Quereinsteiger (zumeist aus der Wirtschaft) eine Ausnahme bildet. Einmal im Pater Noster der Parteikarriere muss schon viel - zu viel - passieren, dass man gezwungen wird, diesen zu verlassen. Die Unglücklichen, auf welche das Los des "Exempels" fällt, landen jedoch fast immer sanft in den Armen der Wirtschaft oder der Interessensverbände. Besser als eine zweite Chance für die Wenigen, wäre eine Gestaltungschance für alle. Man sollte - vor allem auf kommunaler Ebene - zurück auf das griechische Vorbild blicken, um zu sehen, wie so etwas funktioniert. Mit den Organisationsmöglichkeiten der Gegenwart müssten deren Mängel - Ausschluss von Frauen und Ausländern - nicht reproduziert werden. Die Entscheidungen um Mediaspree und den Schokoladen zeigen, wie wenig Demokratie auch dort, wo es möglich wäre "gelebt" wird.

  • W
    WaltaKa

    "Irgendwie ist das Wiedergängertum auch sympathisch. Es verweist auf die zweite Chance. Eine bestimmte Klasse entsteht sogar erst durchs Comeback." Sympathisch? Der Rest stimmt. Es entstehet die 'ich kann tun und lassen was ich will, wenn ich erst mal in einer Partei etwas weiter oben bin'-Klasse. Diese Partei-Klasse schottet sich gegenüber dem Normalmenschen ab und bildet zusammen mit den Reichen und wirtschaftlich Mächtigen im Lande ein selbstreferentielles System.Da fällt niemand wirklich. Auch Guttenberg ist ja mit recht Guter Hoffnung. Da gab es sogar Minister, die im Suff andere Tod fuhren...kurz verschwanden und als Wiedergänger in mehr Amt und Würden zurückkamen.

    Wenn wir das mit dem Arbeitsalltag der restlichen Bewohner dieses Landes vergleichen, fällt der Klassenunterschied ins Auge...wenn man die Augen öffnen will.