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In Sachen Fluglärm kommt alles noch schlimmer, stellt Stefan Alberti festWenn du glaubst, es geht nicht mehr

Volksentscheid verloren, vielleicht langfristig weiter mit Tegel und massivem Fluglärm leben müssen: Für die 300.000 Menschen in der Ein- und Ausflugschneise des Flughafens schien es nach dem Abstimmungsergebnis vom 24. September nicht schlimmer kommen zu können. Denkste.

Denn ab November wird es noch lauter. Weil die Lufthansa dort Jumbos fliegen lassen will. Jumbo ist der verniedlichende Spitzname des zweitgrößten Passagierflugzeugs der Welt, entstanden mal wegen einer Art Buckel mit dem Cockpit vorne am Flugzeug, der entfernt eben an einen Elefanten erinnerte. Fast 400 Passagiere kann so eine Maschine aufnehmen, und dafür braucht sie mehr Motorkraft – nicht zwei Turbinen wie kleinere Jets, sondern vier. Und da muss man kein Technikexperte sein, um sich klarmachen zu können: Mehr Motoren gleich mehr Lärm.

Anruf bei der Flughafengesellschaft, dem Gemeinschaftsunternehmen von Berlin, Brandenburg und dem Bund: Hätte sich der Jumbo-Einsatz nicht verbieten lassen, von wegen Sensibilität mit den eh schon gebeutelten Volksentscheid-Opfern? Der Sprecher weist alle Verantwortung zurück: Da gebe es klare Kriterien – ob genug Zeit und Platz für die Maschinen da ist – und Lärmgrenzwerte. Alles, was vorgeschrieben und nötig ist, soll erfüllt sein. Nichts zu machen offenbar, selbst wenn der Senat Druck gemacht hätte, weil Berlin ja 37 Prozent der Flughafengesellschaft gehören.

60 Jumbo-Flüge soll die Lufthansa für November angemeldet haben. Unterwegssind die Riesenflugzeuge nicht wie sonst üblich auf Langstrecken, sondern auf dem 70-Minuten-Trip zwischen Berlin und Frankfurt am Main. Die Lufthansa rechtfertigt den Einsatz des Flugzeugs mit einer „außerordentlich hohen Nachfrage“.

Stoisch wie der Namensgeber des Jumbos ließe sich nun sagen: Ist jetzt auch egal, vielleicht hör ich’s gar nicht, weil’s eh schon so laut ist. Ein paar Flugzeugfreaks, die sich auf der Flughafen-Dachterrasse oder auf der Böschung an der A 111 für die unterschiedlichen Flugzeugtypen begeistern, wird das alles sogar freuen. Die Nicht-Stoiker und Nicht-Fans hingegen könnten schon mal fragen, warum da überhaupt so viele innerdeutsch fliegen müssen, dass ein Jumbo ranmuss. Vielleicht tun sie’s aber auch nicht: Dass Solidarität und Umweltbewusstsein gerade nicht angesagt sind, hat ihnen ja schon der Volksentscheid gezeigt.

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