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In Liberia herrscht wieder Krieg

Berlin/Monrovia (taz/AFP) — „Noch sind wir nicht im Stadium einer Operation Wüstensturm“, hatte Nicephore Soglo, Präsident Benins und amtierender Präsident der „Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft“ (Ecowas), am 30.Juli gesagt, als die ECOWAS dem liberianischen Guerillaführer Charles Taylor ein Ultimatum von dreißig Tagen zum Beginn der Entwaffnung seiner Kämpfer setzte. Heute sind die dreißig Tage noch nicht abgelaufen — doch in Liberia herrscht schon Krieg. Nach Angaben von Charles Taylors „National Patriotic Front“ (NPF), die den Großteil Liberias beherrscht, sind in der letzten Woche rund 1.500 Menschen bei Kämpfen ums Leben gekommen. Am stärksten tobten die Kämpfe in Tubmanburg, 60 Kilometer nördlich von Liberia, das am 17.August von der „Vereinigten Befreiungsbewegung für Demokratie in Liberia“ (Ulimo) erobert wurde. Nach der Eroberung soll es zu Massakern auf beiden Seiten gekommen sein.

Seit nahezu zwei Jahren stehen sich in Liberia die Guerillaorganisation Charles Taylors, die mittlerweile eine eigene Regierung gebildet hat, und die Friedenstruppe der Ecowas gegenüber. Diese Friedenstruppe hatte im September 1990 den Universitätsprofessor Amos Sawyer als Übergangspräsidenten Liberias in Monrovia installiert, um eine Machtergreifung Taylors zu verhindern. Sawyer charaktisiert die Taylor-Herrschaft im Rest des Landes als „Terror, Plünderung und gewissenloses Marodieren“. Seit einigen Monaten beschuldigt die Ecowas Charles Taylor, ein im April getroffenes Friedensabkommen nicht einzuhalten, wonach eine allgemeine Entwaffnung zu freien Wahlen und zur Rückkehr der Bürgerkriegsflüchtlinge führen sollte. In ihrem 30-Tage-Ultimatum vom Juli drohte die Ecowas mit Wirtschaftssanktionen und möglichen Militäroperationen gegen Taylor ab Ende August.

Die jetzt gegen Taylor kämpfende Ulimo gilt als Marionette des Nachbarstaates Sierra Leone, das die Ecowas-Position unterstützt. Seit April herrscht in Sierra Leone der junge Offizier Valentine Strasser, der von sich sagt: „Wir befinden uns im Krieg mit Charles Taylor“. Bei Kämpfen zwischen der sierra-leonischen Armee und NPF-Anhängern im Osten Sierra Leones sollen nach Regierungsangaben in den letzten anderthalb Jahren über 8.500 Menschen ums Leben gekommen sein, fast alle Zivilisten. D.J.

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