: In Handschellen abgeholt
■ Hidir Özdemir gestern abgeschoben
„Man hat ihn in Handschellen hier abgeholt“: Traute Ertel, bei der der 43jährige kurdische Asylbewerber Hidir Özdemir zur Untermiete wohnte, hatte die Brutalität der Abschiebemethoden miterlebt. Nicht mal eine Zahnbürste durfte Özdemir mitnehmen, als er vergangene Woche in den Abschiebeknast Glasmoor gebracht wurde. Gestern mittag wurde der Kurde, den die türkische Polizei als „Dorfschützer“ verpflichten wollte, vom Bundesgrenzschutz ins Flugzeug gesetzt.
Die Hamburger Gerichte hatten nicht gelten lassen, daß Özdemir wegen der Ablehnung des „Dorfschützer“-Amtes Folter drohte (taz berichtete). Da es offiziell in der Türkei keine Folterungen und Erschießungen von KurdInnen gibt, können sie nach juristischer Lesart kein Asylgrund sein. In Schleswig-Holstein, ist Özdemirs Anwalt Wolfgang Brendsohn sicher, wäre er als Asylberechtigter anerkannt worden. Eine Petition an den Eingabenausschuß der Hamburger Bürgerschaft wurde abgelehnent.
„Die ganze Vorgehensweise ist ein Skandal“, so Anna Bruns (GAL). Özdemir hatte noch bis zum 22. Mai Duldung, die Entscheidung der Bürgerschaft wurde ihm nicht einmal schriftlich mitgeteilt. Als Traute Ertel darum bat, dem Kurden wenigstens sein Gepäck zukommen zu lassen, hieß es aus der Justizbehörde, „wir sind doch keine Kofferträger“, berichtet sie. Inzwischen hat sie mit Hilfe der GAL den Türkischen Menschenrechtsverein eingeschaltet. Traute Ertel: „Begreifen kann ich es immer noch nicht.“ Silke Mertins
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