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■ In Berlin tagte der Benno-Ohnesorg-KongreßDer 2. Juni 97, einfach traurig

Herr, wirf Hirn vom Himmel. Nur so hätte wahrscheinlich der Berliner Benno-Ohnesorg-Kongreß am Wochenende noch gerettet werden können. Doch der Herr hatte kein Einsehen. So erreichte die Abwärtsspirale der intellektuellen Auseinandersetzung am Samstag abend ihre letzte Drehung, als Jutta Ditfurth in bester Politkommissarinnen-Manier erst den Moderator nach Hause schickte, um dann ungebremst darzulegen, wo die Linke heute steht. Glücklicherweise ging es hauptsächlich darum, wer alles nicht mehr zu dieser Linken dazugehört.

Dürfen Leute wie Rainer Langhans, ehemals Mitglied der Kommune 1 und jetzt angeblich ein „Esoterik-Fascho“, mit Jutta Dithfurt in einem Saal sitzen? Allen Ernstes forderte die Jeanne d'Arc der ökologischen Linksradikalen eine nachträgliche Verurteilung eines kurzen Auftritts selbigen Rainer Langhans am Tag zuvor. Aber auch Tilman Fichter, „deutschnationaler SPDler“, die SPD an und für sich, die Grünen und Publikationen wie die taz hielten dem Prüfverfahren nicht stand, dürfen sich nicht weiter als Linke begreifen. Ein Glück, kann man nur sagen, von dieser Linken nicht dazugezählt zu werden – es hätte einem ja die Schamröte ins Gesicht getrieben.

In der Technischen Universität zu Berlin bestätigte sich einmal mehr: Unter und mit Sektierern läßt sich einfach nicht diskutieren. Nachdem diese dann endlich geklärt haben, wer alles nicht dazugehört, wer nicht mitreden darf, wer für einen „linken Kongreß“ einfach ein nicht zu ertragender Skandal ist, nachdem man dann endlich unter sich ist, dann gibt es auf einmal nichts mehr zu besprechen. Die sogenannte Generaldebatte über den Zustand der Linken endete eineinhalb Stunden vor der Zeit – weil es einfach nichts zu sagen gab.

Auch wenn dieser Kongreß anläßlich des 30. Jahrestages des tödlichen Schusses auf Benno Ohnesorg zweifellos zu den besonders mißglückten Veranstaltungen gezählt werden darf, zeigt sich darüber hinaus doch immer wieder: Bestimmte Ereignisse sind einfach Geschichte.

So richtig es ist, sich seiner eigenen Geschichte zu vergewissern, praktisch-politisch haben die aufregenden Tage aus dem Juni 67 heute keine Bedeutung mehr. Es sei denn, in der Erinnerung dessen, was potentiell möglich sein könnte. In der Zukunft, unter anderen Umständen, aber doch immer mal wieder. Jürgen Gottschlich

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