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■ H.G. HolleinImpulse

Die Stadt, die aus mir machte, was ich bin, heißt Minden. Der Name verrät Esprit und Forschergeist. Ersterer sprüht Funken wie: „Willste Schwangerschaft verhüten, nimm Melitta-Filtertüten“, letzterer erfand unlängst das „Sitzkonzept mikromotiv“. Das ist ein Bürostuhl, dessen Sitzfläche von einem Akku fünfmal pro Minute um exakt 0,8 Grad nach links und rechts gedreht wird. Das ist richtig klasse. Denn die Mindener Büromöbelbauer Drabert & Söhne haben herausgefunden, dass „Körper“ nach längerer Zeit auf einem Bürostuhl „erstarren“. Den Anblick kenne ich gut. Darum überlege ich, ob ich nicht Kollegin P. mit der Einladung zum „Probesitzen“ auf den „elektrischen Stuhl“ nach Minden schi-cken soll. „mikromotiv“ aktiviert schließlich die „Pumpenfunktion“ der Bandscheibe durch „dynamische Wechselbewegungen“. Das Tolle daran ist, dass „der Besitzer“ davon angeblich kaum etwas merkt. Was wiederum dem Naturell von Kollegin P. sehr entgegen käme. Zu klären wäre natürlich noch, welche betriebstechnischen Gefahrenmomente „mikromotiv“ innewohnen. Auch deshalb fände ich es nicht verkehrt, wenn zunächst einmal Kollegin P. auf diesem vielversprechenden Gestühl Platz nähme. Ich würde ihr auch ein paar Tipps mit auf den Weg geben, wie sie bei den Anbietern möglicherweise einen Rabatt erwirken kann. Ich denke da zur Begrüßung an ein Zitat aus dem Mindener Volksmund: „Drabert & Söhne, große Tüten, kleine Löhne.“ Ich könnte mir denken, dass es dann bei der Vorführung so richtig knistert. Denn wie sagts der Werbebrief: „Elektrischer Stuhl entspannt den Rücken.“ Abschließend wäre anzumerken, dass Minden schon viele elektrisiert hat. Heinrich Heine etwa fasste seine Erfahrungen nach nur einer Nacht im „Preussischen Hof“ mit dem Satz zusammen: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.“ Ich weiß genau, warum ihm diese Sentenz in den Sinn gekommen ist.

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