piwik no script img

ImmobilienkongressKommunen als Krisengewinnler

Welche Folgen hat die Finanzkrise für die Kommunen? Beim ersten Bundesimmobilienkongress herrscht vorsichtiger Optimismus: Mit eigenen Immobilien können die Städte weiter Geld verdienen.

Es war die erste und letzte Bundesimmobilienkonferenz - zumindest in Tempelhof. Während Berliner und Touristen am Mittwoch noch einmal die Eingangshalle betraten, um Abschied vom Zentralflughafen zu nehmen, trafen sich Manager, Politiker, Behördenvertreter und Rechtsanwälte eine Etage höher in der Airbase. Sie widmeten sich eher dem Ausblick: auf das leere Flugfeld und auf die Zukunft des Immobilienmanagements in den öffentlichen Verwaltungen.

An einer Diskussion über die Auswirkungen der Finanzkrise für die öffentliche Hand kam die Konferenz nicht vorbei. Wenngleich die angekündigten "Antworten auf die Krisen für die Immobilienwirtschaft und die öffentlichen Haushalte" ausblieben, so konnte doch eine gewisser Optimismus verbreitet werden. Manch einer sah die Kommunen gar als Gewinner der Krise: Finanzsenator Thilo Sarrazin berichtete, dass "das beste Immobilienpaket", das Berlin in den letzten Jahren veräußerte, für das 20fache seines Werts verkauft wurde. Damit profitierte auch das Land von der Immobilienblase.

Jenseits davon, dass Immobilien eine "fantastische Möglichkeit sind, viel Geld zu verdienen oder zu verlieren", sieht Sarrazin sie allerdings vor allem als "nervensichere Anlage". Das bestätigt auch Holger Lippmann, Geschäftsführer des Liegenschaftsfonds. "Wir erleben derzeit Kunden, die ihr Kapital aus den Aktienmärkten abziehen und in Immobilien investieren wollen, selbst wenn es eine geringere Rendite bringt."

Nichtsdestotrotz sei es gerade im hochpreisigen Segment schwieriger geworden, Grundstücke zu verkaufen. "Der preistreibende Wettbewerb ist vorbei, es gibt weniger Kaufinteressenten", sagt Lippmann.

Noch sei dem Liegenschaftsfonds zwar kein Investor abgesprungen, allerdings werde sich die Finanzkrise auf die Geschäftszahlen niederschlagen. "Normalerweise ist das vierte Quartal das umsatzstärkste, das wird in diesem Jahr anders aussehen." Ein Grund dürfte sein, dass für den Verkauf eines Grundstückes in der Württembergischen Straße an den US-amerikanischen Investor Morgan Stanley noch Geld aussteht.

"Die Investoren werden sich künftig mit Bautätigkeiten erst mal zurückhalten, da auch die Banken genauer schauen, was sie refinanzieren werden", glaubt auch Norbert Impelmann, Anwalt bei Orrick Hölters & Elsing. "In Berlin wird das daran sichtbar sein, dass einige große Bauprojekte sich in die Länge ziehen werden, wenn nicht bereits bei Baubeginn die Vermietung weitgehend gesichert ist."

Statt großer Investoren wird Berlin in Zukunft womöglich verstärkt das Land Berlin agieren sehen: Immerhin, so bescheinigt Impelmann den Kommunen, habe die Verwaltung in Sachen Management in den letzten Jahren viel dazugelernt.

Als "old economy" oft belächelt, wie Lutz Freitag, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sagt, erweisen sich jetzt auch städtische Wohnungsbaugesellschaften als Gewinner: Der Eigenkapitalanteil bei der Finanzierung ist hoch und durch Mieteinnahmen werden stabile Rücklagen gebildet. Aber selbst sein Verband merkt, sagt Freitag, "dass die Zahl der Finanzierungspartner zurückgeht und die Konditionen sich verschlechtern".

Mehr von der Rezession in der Realwirtschaft als direkt von der Finanzkrise betroffen sieht Sarrazin allerdings die Zukunft der Bauwirtschaft. Seit Jahrzehnten auf dem niedrigsten Stand sei der Wohnungsbau mit einem derzeitigen Wachstum von lediglich vier Prozent. "Und der Anteil der Bauwirtschaft wird mit dem Rückgang der Bevölkerung und der Zuwanderung weiter sinken." Selbst beim bestmöglichen Ausgang der Krise, prognostiziert Sarrazin, sei das Wachstum für einige Jahre gedrückt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!